Schulz würde als Kanzler Lohngerechtigkeit als erstes anpacken
BERLIN Der neue SPD-Chef Martin Schulz will für den Fall, dass er im Herbst Bundeskanzler wird, als erstes das Thema Lohngerechtigkeit für Männer und Frauen auf die Tagesordnung setzen. Ebenso wichtig ist ihm das Thema Europa. „Ich würde zwei Sachen unmittelbar anpacken: Das klare Bekenntnis zur Stärkung der Europäischen Union und die Abschaffung einer der größ- ten Ungerechtigkeiten: dass Frauen für die gleiche Arbeit weniger verdienen als Männer“, sagte Schulz der „Bild am Sonntag“.
In der kommenden Woche wird der Bundestag voraussichtlich bereits ein Gesetz zur Lohngerechtigkeit verabschieden. Das Regelwerk aus dem Ressort von Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) sieht vor, dass Mitarbeiter in Unternehmen ab 200 Beschäftigten ein Auskunftsrecht erhalten, was ande- re Beschäftigte in vergleichbarer Position verdienen. „Aber das reicht nicht“, sagte Schulz. Er verwies darauf, dass zum Beispiel auch Teilzeit-Arbeit für Frauen zur Falle werden könne. Deshalb müsse in Deutschland endlich ein Recht auf Rückkehr in Vollzeit eingeführt werden, sagte der SPD-Kanzlerkandidat. Auch diese Position ist nicht neu: Das entsprechende Gesetz von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) ist zwischen Union und SPD noch strittig. Die Union fürchtet, dass die Unternehmen mit der Organisation des Rückkehrrechts überfordert sein könnten.
Schulz stellte in dem Interview zwar ein 100-Tage-Programm auf, neue Positionen oder Ideen fanden sich darin aber nicht. So beharrte er auf einer Begrenzung der ManagerGehälter, was derzeit ebenfalls zwischen Union und SPD verhandelt wird. Zugleich wiederholte er die Forderung nach einer Aufwertung der Pflegeausbildung, die künftig auch kostenfrei gestellt werden soll. Auf die Fahnen schrieb er sich zudem den Ruf nach kostenfreien Kitas und nach einem Anspruch auf einen Platz in einer Ganztagsschule.
In der Finanz- und Steuerpolitik stellte sich Schulz klar gegen die Positionen der Union. Steuersenkungen erteilte er mit dem Hinweis eine Absage, dass Geringverdiener kaum Lohnsteuer zahlten. Denen sei mehr geholfen, wenn die Kita-Ge- bühr wegfalle. Die Haushaltsüberschüsse will Schulz in Bildung und Infrastruktur stecken.
Sein Freund und Vorgänger als SPD-Chef, Sigmar Gabriel, muss sich keine Sorgen um seine Zukunft machen: Schulz versprach ihm öffentlich einen Kabinettsposten für den Fall seiner Kanzlerschaft. Außenminister könnte Gabriel allerdings wohl nicht bleiben, da meistens der kleinere Koalitionspartner bei diesem Prestige-Job zugreift.