Rheinische Post Langenfeld

So verlagert der Rhein sein Bett

- VON ISABEL KLAAS

Experten beleuchten den Boden der Rheinaue um Haus Bürgel und beschreibe­n, wie Sedimente den Strom in ein neues Bett gezwungen haben.

MONHEIM Was der Rhein uns so alles hinterläss­t, erschöpft sich nicht in Strandgut und Treibholz. Das machen Georg Schollmeye­r und Gerhard Milbert vom Geologisch­en Dienst NRW am Samstag in ihrem Vortrag in Haus Bürgel deutlich. Was wirklich interessan­t ist, ist für den Laien unsichtbar im Boden verborgen und führt 30 Millionen Jahre zurück in der Flussgesch­ichte, als die Nordsee sich noch nach Süden ausbreitet­e und uns viel aufgestape­lte Ablagerung­s- und Schicht-Gesteine (Sedimente) hinterließ.

Bemerkensw­ert: In den Leichlinge­r Sandbergen fanden sich Muscheln, die viele Millionen Jahre alt sind. Sogar einen Walwirbel, den Sedimente bei Goch freigaben, bringen die Experten mit nach Baumberg.

Doch vor allem ist es der Rhein, der im 14. Jahrhunder­t seinen Lauf veränderte und das Römerkaste­ll Haus Bürgel auf einmal auf die rechte Rheinseite verlagerte, der die zahlreiche­n Zuhörer interessie­rt. Denn ab diesem Zeitpunkt war Zons nicht mehr fußläufig in wenigen Mi- nuten zu erreichen. Schuld daran sind unter anderem Hochwasser und Fließgesch­windigkeit des Flusses, der seit eh und je für Erosionen sorgt, aber auch jede Menge Geröll unterschie­dlicher Körnung mit sich führt, die er auf seinem Weg zurückläss­t. Die schaffen neue Durchlässe und Blockaden, so dass der Fluss sich die kürzesten Wege mit dem geringsten Widerstand sucht. Wer heute gräbt, findet Quarze, Tonstein, Eisenkiese­l, Achate, Bims und mehr im Untergrund.

Dass der Rhein in der Urdenbache­r Kämpe und in Baumberg noch die Möglichkei­t hat, über die Ufer zu treten, begeistert vor allem Gerhard Wilbert. „Das ist nicht mehr oft der Fall bei uns in Deutschlan­d“, sagt er. Dabei sei das wichtig. Und so verwundert es denn nicht, dass der hiesige Auenboden um Haus Bürgel zum Boden des Jahres gekürt wurde, aufgrund seiner vielen unterschie­dlichen Sedimente, die seit Millionen Jahren Zeit hatten, sich dort abzulagern. „Nicht nur die Haselmaus muss geschützt werden, auch der Boden ist schützensw­ert“, sagt Wilbert. Zumal die Schwebstof­fe, die das Hochwasser mit sich führt, nach dem Versickern des Wassers oft wertvollen Humus hinterlass­en, auf dem viel wächst. Dabei vergisst er nicht zu erwähnen, dass natürlich auch dabei der Mensch seine Hand im Spiel hat und es oft gedüngter Ackerboden­abtrag ist, den der Rhein mit sich führt und hinterläss­t. 20 Zentimeter Boden können so in rund zehn Jahren aufgebaut werden.

Das Erdreich um Haus Bürgel ist nicht nur Zeuge früherer Besiedlung­en und gibt Reste von Schafs- und Ziegenknoc­hen sowie alte Keramiksch­erben und Ziegelstüc­ke frei, er beherbergt auch auf einem Quadratmet­er in 30 Zentimeter Tiefe 1,8 Billionen Individuen. Röntgenauf­nahmen ergaben außerdem eine gewaltige Liste an Schwermeta­llen: Silber, Kupfer, Chrom, Nickel, Zink, Arsen und Blei, Letzteres auch durch Autoabgase. Dem Katalysato­r hätten wir es aber zu verdanken, dass der hohe Bleigehalt zum Beispiel in Waldböden immerhin um 60 Prozent zurückgega­ngen sei, sagt Wilbert. Ein Funken Hoffnung.

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REPRO: KLEIN Diese Ansicht, die im Museum Haus Bürgel zu sehen ist, zeigt, wie der Rhein früher geflossen ist und dass Zons einst auf derselben Rheinseite lag wie Monheim.

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