Schafft die TV-Runden der Parteipopulisten ab!
Wer noch ein Beispiel sucht, wie die ohnehin populäre Politikverdrossenheit im Land verstärkt werden könnte, sollte sich in der ARD-Mediathek die „Berliner Runde“der Generalsekretäre zur Saarland-Wahl anschauen. Dreist, wie die angeblichen Chef-Strategen ihrer Parteien das Wahlergebnis für ihre Zwecke umdeuten, ja missbrauchen. Frau Barley (SPD) schwafelt von einem Umfrageplus, das Schulz im Saarland herbeigeführt habe (Ergebnis: minus ein Prozent zur vorherigen Wahl). Die Grünen fabulieren, dass das Saarland ja immer ein schweres Pflaster sei, die Linke hat trotz Verlusten nichts falsch gemacht, und der CDU-General lobt die Geschlossenheit bei den Konservativen. Geschlossenheit? Union?
Halten die Parteistrategen das Volk für dumm? Lobenswert, dass wenigstens Martin Schulz und FDPChef Christian Lindner die Niederlagen nüchtern einräumten. Wie wär’s mal mit einer Wahlanalyse in der Form: kein Kommentar. Nachdenken. In Ruhe analysieren. Nur zwei Erkenntnisse lassen sich durch die Nachwahlbefragungen doch belegen. Eine beliebte Amtsinhaberin ist immer ein Zugpferd. Und Rot-Rot ist für Viele eben kein Wunschbündnis. Daraus könnte zumindest die SPD Schlüsse ziehen. BERICHT MERKEL FORDERT KLÄRUNG . . ., TITELSEITE
Die Suche nach der politischen Mitverantwortung für das Weihnachtsmarkt-Attentat von Berlin ist auch ein Lehrstück über den Wert von Gutachten. Zwei liegen inzwischen allein aus NRW vor: Das erste hat im Januar die FDP vorgestellt, das zweite gestern die Landesregierung. Beide erheben den Anspruch strikter Objektivität und wissenschaftlicher Exaktheit. Und kommen doch zu gegenteiligen Ergebnissen: Laut Oppositionsgutachten haben schludrige NRW-Behörden das Attentat überhaupt erst ermöglicht. Laut Regierungsgutachten haben sie alles richtig gemacht. Parallel untersucht auch noch ein Untersuchungsausschuss dieselbe Frage. Schon jetzt ist absehbar: Regierung und Opposition werden auch dort wieder zu entgegengesetzten Einschätzungen kommen.
Sollte die Politik sich das ganze Theater also gleich sparen? Nein. Denn sie schuldet der Öffentlichkeit eine Antwort auf die Frage nach den Lehren aus dem Fall Amri. Einen Anspruch, dass diese Antwort leicht konsumierbar und widerspruchslos sein muss, hat die Öffentlichkeit hingegen nicht. BERICHT GUTACHTER SIEHT KEINE VERSÄUMNISSE . . ., TITELSEITE
EAmri-Gutachteritis
Gefahr für Putin
s rumort in Wladimir Putins Reich. Seit vor fünf Jahren die Proteste gegen die mutmaßlich gefälschten Wahlen mit Gewalt und einer Verhaftungswelle erstickt wurden, hatte Grabesruhe geherrscht in Russland. Doch nun scheinen die Mächtigen im Kreml ebenso überrascht wie westliche Beobachter, dass Zehntausende vor allem junge Russen gegen die Regierung auf die Straße gehen. Der Protest richtet sich gegen Missstände, gegen die hemmungslose Bereicherung der Mächtigen und das Leiden der Schwachen, gegen geringe Einkommen, hohe Preise, schlechte medizinische Versorgung.
Dieser Protest ist brandgefährlich für Putin, denn er entlarvt ihn. International spielt der russische Präsident den großen Kriegsherrn und Staatsmann. Aber zu Hause wächst die Armut, werden Löhne nicht ausbezahlt, verfällt die Infrastruktur. Die jungen Russen, die da jetzt auf die Straße gingen, lassen sich offenbar mit patriotischer Propaganda nicht mehr abspeisen. Sie wollen keinen Krieg in Syrien oder der Ukraine, sie wollen ein besseres Leben. Und das kann Putin ihnen nicht bieten. BERICHT