Rheinische Post Langenfeld

Schafft die TV-Runden der Parteipopu­listen ab!

- VON MICHAEL BRÖCKER VON THOMAS REISENER VON MATTHIAS BEERMANN ARREST FÜR KREMLKRITI­KER NAWALNY, SEITE A 5

Wer noch ein Beispiel sucht, wie die ohnehin populäre Politikver­drossenhei­t im Land verstärkt werden könnte, sollte sich in der ARD-Mediathek die „Berliner Runde“der Generalsek­retäre zur Saarland-Wahl anschauen. Dreist, wie die angebliche­n Chef-Strategen ihrer Parteien das Wahlergebn­is für ihre Zwecke umdeuten, ja missbrauch­en. Frau Barley (SPD) schwafelt von einem Umfrageplu­s, das Schulz im Saarland herbeigefü­hrt habe (Ergebnis: minus ein Prozent zur vorherigen Wahl). Die Grünen fabulieren, dass das Saarland ja immer ein schweres Pflaster sei, die Linke hat trotz Verlusten nichts falsch gemacht, und der CDU-General lobt die Geschlosse­nheit bei den Konservati­ven. Geschlosse­nheit? Union?

Halten die Parteistra­tegen das Volk für dumm? Lobenswert, dass wenigstens Martin Schulz und FDPChef Christian Lindner die Niederlage­n nüchtern einräumten. Wie wär’s mal mit einer Wahlanalys­e in der Form: kein Kommentar. Nachdenken. In Ruhe analysiere­n. Nur zwei Erkenntnis­se lassen sich durch die Nachwahlbe­fragungen doch belegen. Eine beliebte Amtsinhabe­rin ist immer ein Zugpferd. Und Rot-Rot ist für Viele eben kein Wunschbünd­nis. Daraus könnte zumindest die SPD Schlüsse ziehen. BERICHT MERKEL FORDERT KLÄRUNG . . ., TITELSEITE

Die Suche nach der politische­n Mitverantw­ortung für das Weihnachts­markt-Attentat von Berlin ist auch ein Lehrstück über den Wert von Gutachten. Zwei liegen inzwischen allein aus NRW vor: Das erste hat im Januar die FDP vorgestell­t, das zweite gestern die Landesregi­erung. Beide erheben den Anspruch strikter Objektivit­ät und wissenscha­ftlicher Exaktheit. Und kommen doch zu gegenteili­gen Ergebnisse­n: Laut Opposition­sgutachten haben schludrige NRW-Behörden das Attentat überhaupt erst ermöglicht. Laut Regierungs­gutachten haben sie alles richtig gemacht. Parallel untersucht auch noch ein Untersuchu­ngsausschu­ss dieselbe Frage. Schon jetzt ist absehbar: Regierung und Opposition werden auch dort wieder zu entgegenge­setzten Einschätzu­ngen kommen.

Sollte die Politik sich das ganze Theater also gleich sparen? Nein. Denn sie schuldet der Öffentlich­keit eine Antwort auf die Frage nach den Lehren aus dem Fall Amri. Einen Anspruch, dass diese Antwort leicht konsumierb­ar und widerspruc­hslos sein muss, hat die Öffentlich­keit hingegen nicht. BERICHT GUTACHTER SIEHT KEINE VERSÄUMNIS­SE . . ., TITELSEITE

EAmri-Gutachteri­tis

Gefahr für Putin

s rumort in Wladimir Putins Reich. Seit vor fünf Jahren die Proteste gegen die mutmaßlich gefälschte­n Wahlen mit Gewalt und einer Verhaftung­swelle erstickt wurden, hatte Grabesruhe geherrscht in Russland. Doch nun scheinen die Mächtigen im Kreml ebenso überrascht wie westliche Beobachter, dass Zehntausen­de vor allem junge Russen gegen die Regierung auf die Straße gehen. Der Protest richtet sich gegen Missstände, gegen die hemmungslo­se Bereicheru­ng der Mächtigen und das Leiden der Schwachen, gegen geringe Einkommen, hohe Preise, schlechte medizinisc­he Versorgung.

Dieser Protest ist brandgefäh­rlich für Putin, denn er entlarvt ihn. Internatio­nal spielt der russische Präsident den großen Kriegsherr­n und Staatsmann. Aber zu Hause wächst die Armut, werden Löhne nicht ausbezahlt, verfällt die Infrastruk­tur. Die jungen Russen, die da jetzt auf die Straße gingen, lassen sich offenbar mit patriotisc­her Propaganda nicht mehr abspeisen. Sie wollen keinen Krieg in Syrien oder der Ukraine, sie wollen ein besseres Leben. Und das kann Putin ihnen nicht bieten. BERICHT

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