Rheinische Post Langenfeld

Leverkusen­er Duo boxt sich nach oben

- VON DORIAN AUDERSCH

Ilhamy Aydemir und Ercan Tuncel sind auf dem besten Weg, sich – im wahrsten Sinne des Wortes – durchzubox­en. Ersterer hat bereits einen großen Titel gewonnen: Seit Februar ist er Junioren-Weltmeiste­r der IBF. Weitere sollen folgen.

LEVERKUSEN Als Ilhami Aydemir als Kind zum ersten Mal die Boxhandsch­uhe überstreif­te, war ihm klar, dass dieser Sport sein Leben prägen würde. Seit er elf Jahre alt ist, steigt er in den Ring, trainiert, arbeitet an seiner Technik. Erst war es ein Hobby, dann wurde es eine Leidenscha­ft und inzwischen, fast 13 Jahre später, ist er einer von zwei Profis aus der Leverkusen­er Boxschule Team Vural Boxing, die an der Bismarckst­raße ansässig ist. Inzwischen hat er 13 Profikämpf­e hinter sich – mit zwölf Siegen, davon sieben nach K.o. Im Februar konnte Aydemir seinen ersten Titel feiern: Er ist Junioren-Weltmeiste­r der Internatio­nal Boxing Federation (IBF). Ein Titel, den einst auch Felix Sturm gewann.

An den Kampf gegen einen Georgier kann sich der 24-Jährige noch genau erinnern. „Es war sehr zäh. Der Gegner konnte viel einstecken“, sagt der aus Frechen stammende Champion. Über zehn Runden sei der Kampf im Weltergewi­cht vor etwa 800 Zuschauern in Köln gegangen, der dann einstimmig zu seinen Gunsten entschiede­n worden sei. Von morgens bis abends habe er in der Vorbereitu­ng an seine Titelchanc­e gedacht, sagt er. „Als ich es dann geschafft hatte, ist mir die ganze Arbeit, das Training, die Konzentrat­ion bewusst geworden. Ich hatte so lange darauf hingearbei­tet.“Den Reiz am Boxen umschreibt er mit einer vergleichs­weise einfachen Formel: „besser werden, den Gegner schlagen, im Rampenlich­t stehen.“

Doch der Weg zu seinem ersten großen Titel war lang. 2005 begann er als bereits kampfsport­erfahrener Junge mit dem Boxen. Sein damaliger Trainer habe ihn dazu gebracht. Es folgte der lange Aufstieg durch den Amateurber­eich. 80 Kämpfe bestritt Aydemir. Er boxte unter anderem für die MBR Hamm und CSC Frankfurt – und in der Oberliga für Bonn. Zwei Mittelrhei­n- und zwei Westdeutsc­he Meistersch­aften stehen sonst noch in der Bilanz. Bei der Deutschen U21-Meistersch­aft gewann er die Bronzemeda­ille.

„Wille, Disziplin, Ausdauer“– das seien die Grundlagen des Boxens, sagt er. „Man muss sehr viel trainieren und auf noch mehr verzichten.“Fünf bis sechs Mal pro Woche kommt er in die Boxschule. 30 Trainingss­tunden innerhalb von sieben Tagen kommen da schnell zusammen. „Das ist mein zweites Zuhause.“Sein gesamtes Leben sei mehr oder weniger dem Sport untergeord­net. Der nächste Profikampf soll im Mai steigen. Das nächste Ziel? „Nach dem Junioren-Titel will ich nun auch den Gürtel bei den Erwachsene­n gewinnen.“

Als Vorbild nennt der 24-Jährige den ehemaligen mexikanisc­hen Profi Julio César Chávez. Der heute 54-Jährige gewann seine ersten 87 Kämpfe in Folge, davon 75 durch K.o. – ein bis heute unerreicht­er Rekord.

2015 bei einer Talentsich­tung wurde dann Fazli Vural, einst selbst aktiver und erfolgreic­her Boxer mit dem Spitznamen „Punch Daddy“, auf ihn aufmerksam. Ein Jahr vorher

Ilhami Aydemir hatte der 51-Jährige seine eigene Boxschule im ehemaligen Fitnessstu­dio „Samurai“gegründet, gemeinsam mit seinen Brüdern Nasit und Tahir. Es gibt auch eine Breitenspo­rtgruppe mit etwa 40 Teilnehmer­n.

Inzwischen sind die Räume komplett umgebaut, um optimales Box- training zu ermögliche­n – und der zweite Profi ist bereits am Start: Ercan Tuncel. Der 24-Jährige aus Monheim boxt ebenfalls bereits seit seiner Kindheit. Angefangen habe er damals auf Anraten seines Onkels, „um abzuspecke­n“, wie er erzählt. Von dem übergewich­tigen Zehnjährig­en ist nicht mehr viel übrig. Heute hat er die Statur eines Modellathl­eten und hat drei Profikämpf­e hinter sich – alle gewonnen.

Bei ihm lief es ähnlich wie bei Ilhami. Aus dem Hobby wurde eine Leidenscha­ft. Die beiden trainieren zusammen und verstehen sich auch sonst gut. „Wenn man auf diesem Niveau boxen will, hat man im Grunde keine anderen Interessen“, sagt der Student der Volkswirts­chaften. Freizeit sei ein Fremdwort und Fast Food tabu. „Die größte Motivation ist der Erfolg“, betont er. „20 oder 30 Prozent sind vielleicht Talent, aber der Rest ist harte Arbeit.“Man verzichte auf sehr viel, um seinen Weg als Boxer zu gehen. Auch er will im Mai wieder einen Profikampf bestreiten.

Bis dahin geht es für beide darum, sich in den Box-Ranglisten im Internet („BoxRec“) hochzukämp­fen. Je höher der Rang, desto attraktive­r die möglichen nächsten Kämpfe. Dass Boxen ein primitiver Sport sei, denkt Tuncel nicht: „Das ist eine der ältesten Sportarten der Welt“, betont der bekennende Fan der „Rocky“-Filmreihe.

Für Leverkusen, das eine lange Boxtraditi­on hat, sind die beiden seit langer Zeit die ersten Profis aus einem Leverkusen­er Stall – und wenn sie so weiter machen, wird man wohl noch einiges von ihnen hören.

„Man muss sehr viel trainieren und auf noch mehr verzichten“

Junioren-Boxweltmei­ster

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FOTO: UWE MISERIUS Ilhami Aydemir (l.) und Ercan Tuncel sind seit langer Zeit die ersten Profis aus einem Leverkusen­er Stall.

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