Politik aus der Moschee
DÜSSELDORF Die älteste Moschee Deutschlands steht an der Brienner Straße 7-8 im Berliner Ortsteil Wilmersdorf. Vollständig in Weiß gehalten, wurde sie ab 1924 innerhalb von vier Jahren nach dem Vorbild des indischen Mausoleums Taj Mahal erbaut. Über dem Kubus des Unterbaus erheben sich die zentrale Kuppel, Kioske und Türmchen. Die 32 Meter hohen Minarette sind symmetrisch angeordnet und durch Blendmauern verbunden. Die meisten Moscheen sehen nicht so aus. Der Islam, der doch eigentlich zu Deutschland gehört, führt vielerorts ein Schattendasein.
Genau genommen gibt es nach Schätzungen nur 150 repräsentative Moscheen, die mit Minaretten und Kuppeln eindeutig als islamisches Gebetshaus zu erkennen sind. Die ersten Gastarbeiter, die in den 60er Jahren nach Deutschland kamen, hatten weder das Geld, um eindrucksvolle Moscheen zu errichten, noch hatten sie die Absicht, lange zu bleiben. Die große Mehrheit der Moscheen befindet sich heute deshalb in umfunktionierten Lagerhallen, Kellern, Tiefgaragen, leer stehenden Supermärkten oder in Seitengassen. Es sind im wahrsten Sinne des Wortes Hinterhof-Moscheen, von denen die Behörden nicht genau wissen, wie viele es eigentlich sind, geschweige denn, wo sie sich befinden. Es gibt Studien, die von 2300 Moscheen in Deutschland ausgehen, in anderen ist von mehr als 2600 die Rede. Der Verfassungsschutz beobachtet das Umfeld von 90 Moscheen. Eindeutigere Daten gibt es nicht.
Über die Inhalte der Predigten in Moscheen wissen Behörden und Islamwissenschaftler somit ebenfalls wenig. Wird in einigen Moscheen zum „Heiligen Krieg“, zum Dschihad, aufgerufen? Ja, das ist Fakt. Aber ist das die Regel? Nein, ist es nicht. Dennoch gibt es einige Predigten, die zumindest die Demokratie infrage stellen.
Der ARD-Journalist Constantin Schreiber hat sich im vergangenen Jahr über mehrere Monate in deutschen Moscheen umgehört. Über seine Erfahrungen hat er nun ein Buch geschrieben: „Inside Islam“, im Innern des Islam.
„Die von mir besuchten Predigten waren mehrheitlich gegen die Integration von Muslimen in die deutsche Gesellschaft gerichtet“, sagt Schreiber: „Wenn das Leben in Deutschland thematisiert wurde, dann hauptsächlich in einem negativen Zusammenhang. Oftmals beschrieben die Imame den deutschen Alltag als Gefahr und forderten ihre Gemeinden dazu auf, zu widerstehen.“Schreiber besuchte insgesamt 13 Moscheen und besprach im Anschluss die mitgeschnittenen Predigten mit Islamwissenschaftlern. Er schreibt: „Bei politischen Themen zeigten sich große Unterschiede zwischen türkischen und arabischen Moscheen. Zusammengefasst kann ich sagen: Die türkischen Predigten, die ich besucht habe, waren eigentlich immer politisch.“Konkrete Aufrufe zur Gewalt oder Verherrlichung des Dschihad habe er nicht erlebt. „Es ist nicht illegal, Demokratie abzulehnen und zur Missionierung aufzurufen. Aber kann uns das zufriedenstellen?“, fragt Schreiber in seinem Buch.
Spätestens seit den Spitzelvorwürfen um den Islamverband Ditib sind Politik und Gesellschaft aufgeschreckt. Viele (vor allem türkische) Moscheen sind abhängig vom Heimatland ihrer Gründer. Da viele Muslime zudem eher als finanzschwach gelten, wird vermutet, dass ein Großteil des Geldes der Moscheen aus dem Ausland kommt. Bei der Ditib beispielsweise kommen die Imame direkt aus der Türkei, geschickt von der türkischen Religionsbehörde Diyanet, die die Prediger auch
Islamische Verbände und die Anzahl der Moscheevereine, die
sie vertreten
76
47 bezahlt. Die Inhalte der Predigten sind eng mit Ankara abgestimmt. Den einzelnen Moscheegemeinden wird zudem in ihrer Mustersatzung ausdrücklich empfohlen, mit der Ditib und der türkischen Behörde eng zusammenzuarbeiten. Daraus ergibt sich ein Loyalitätsdilemma: Während sich in Deutschland Staat und Kirche als Kooperationspartner gegenüberstehen, ist die Religion in der Türkei dem Staat unterstellt. Politisch angehauchte muslimi-
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