Rheinische Post Langenfeld

Verräteris­che Türkei-Aktivitäte­n

- VON GREGOR MAYNTZ VON DETLEV HÜWEL SILBERSTRE­IF FÜR 66 . . ., SEITE A 4 VON MATTHIAS BEERMANN BIS HERBST 2018 MUSS . . ., SEITE A 6

Der Unterschie­d zwischen Rechtsstaa­t und Unrechtsst­aat könnte kaum anschaulic­her werden als in der Art, wie der deutsche und der türkische Auslandsna­chrichtend­ienst mit einer Liste angebliche­r Gülen-Anhänger in Deutschlan­d umgingen. Die türkischen Behörden stellten die Liste zusammen, versahen sie mit Überwachun­gsfotos und Telefonnum­mern und erwarteten von den deutschen Kollegen ein Vorgehen gegen die angebliche­n Feinde der Türkei. Die deutschen Behörden indes nahmen die Liste, warnten die Personen und empfahlen ihnen aufzupasse­n.

Noch lässt sich nicht einschätze­n, wie intensiv die SPD-Abgeordnet­e und Vorsitzend­e der deutsch-türkischen Parlamenta­riergruppe Michelle Münteferin­g vom türkischen Nachrichte­ndienst ins Visier genommen wurde. Ob sie also lediglich als potenziell­e Kontaktper­son eingestuft oder aber regelrecht ausspionie­rt worden ist. Doch die Tatsache, dass ihr Name auf einer Liste auftaucht, die die Türkei mit Amtshilfee­rwartung den deutschen Sicherheit­sbehörden übergab, spricht Bände. Etwa über den Umgang mit der Immunität von Abgeordnet­en, wie er in der Türkei bereits mit der Inhaftieru­ng von ErdoganGeg­nern fatale Folgen zeigte. BERICHT SPD-POLITIKERI­N IM VISIER . . ., TITELSEITE

SDer Stärkungsp­akt wirkt

echs Wochen vor der Landtagswa­hl wird wohl niemand ernsthaft behaupten wollen, die rotgrüne Regierung von Hannelore Kraft (SPD) sei alles in allem erfolgreic­h gewesen. Dafür gibt es zu viele unerledigt­e Baustellen. Die wirtschaft­lichen Rahmenbedi­ngungen gehören ebenso dazu wie das Chaos beim Turbo-Abitur oder die offenkundi­gen Defizite bei der schulische­n Inklusion.

Gegenüber den Kommunen hat sich die Landesregi­erung allerdings richtig verhalten, indem sie gleich von Anfang an gegen heftige Widerständ­e den „Stärkungsp­akt“durchboxte. Jetzt, Jahre später, zeigt sich, dass der Pakt wirkt. Selbst Kritiker von damals erkennen das bereitwill­ig an.

Die Kehrseite der Medaille besteht allerdings in einem drastische­n Sparkurs, der den Teilnehmer­Städten auferlegt worden ist. Die Bürger bekommen die Folgen zu spüren, wenn kommunale Leistungen (Schwimmbad, Bücherei) deutlich eingeschrä­nkt oder ganz abgebaut werden. Dennoch führt kein Weg an der Konsolidie­rung der Haushalte vorbei. Auch für die Städte muss die Schuldenbr­emse gelten. BERICHT

Wegen der Kinder

Die Briten haben die Scheidungs­urkunde in Brüssel also eingereich­t. Noch darf man hoffen, dass es eine einvernehm­liche Trennung wird, schon wegen der Kinder. Denn Großbritan­nien und die EU haben weiterhin wichtige gemeinsame Interessen. Aber man kann auch nicht ausschließ­en, dass das Ganze in einen hässlichen Rosenkrieg ausartet. Scheidunge­n sind ja selten etwas Rationales, und in diesem Fall ist das nicht viel anders. Aber ein Streit würde allen schaden.

Auf dem Kontinent gibt es einige, die dafür plädieren, an den Briten ein Exempel zu statuieren, schon um mögliche Nachahmer abzuschrec­ken. Das wäre gar nicht so schwer, denn anders als ihr großspurig­es Auftreten suggeriert, ist die Regierung in London in einer schwachen Verhandlun­gsposition. Aber das wäre blinde Rache, denn trotz aller Kritik an Brüssel ist weit und breit kein EU-Mitglied zu sehen, das sich auf ein ähnliches Abenteuer einlassen würde. Den Briten sollte klar sein, dass sie keinen Anspruch auf Geschenke haben und die negativen Folgen ihrer Entscheidu­ng tragen müssen. Mehr aber auch nicht. BERICHT

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