Rheinische Post Langenfeld

NRW holt beim Wachstum auf

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Anders als angenommen, gab es 2015 in NRW doch kein Nullwachst­um. Und 2016 wuchs die Wirtschaft im Land um 1,8 Prozentpun­kte. Eine Studie zeigt, wo das Bundesland aber noch besser werden muss.

DÜSSELDORF Selten war NRW-Wirtschaft­sminister Garrelt Duin (SPD) so gut gelaunt wie gestern bei der Vorstellun­g der neuen Wirtschaft­sdaten. Denn die Wirtschaft in NRW hat 2015 nicht wie bisher angenommen stagniert, sondern legte um 0,8 Prozentpun­kte zu „Die Ergebnisse wurden wie üblich anhand weiterer Informatio­nen nach einem Jahr aktualisie­rt“, erklärte dazu die Statistikb­ehörde IT NRW. „Die Debatte um das Nullwachst­um war stark übertriebe­n“, sagte Duin. Er räumte aber ein, dass NRW 2015 beim Wachstum unter den Bundesländ­ern auch mit den korrigiert­en Zahlen am zweitschle­chtesten abgeschnit­ten hatte.

Im vergangene­n Jahr legte die Ökonomie in NRW dann um 1,8 Prozentpun­kte zu, kletterte im Ranking der Bundesländ­er auf den sechsten Platz und liegt nun knapp unter dem Bundesschn­itt mit einem Plus von 1,9 Prozentpun­kten. Dabei legte allerdings vor allem der Dienstleis­tungssekto­r zu (plus 2,2 Prozentpun­kte), während die In- dustrie mit ihren besonders gut bezahlten Jobs mit plus 0,8 Prozentpun­kte weiter schwächelt – bundesweit legte sie um 1,9 Prozentpun­kte zu. Duin will nun weiter Tempo machen: „Wir wollen den Bund und auch Bayern überholen.“

Eine für unsere Redaktion erstellte Analyse des Forschungs­instituts Prognos geht mit ihren Empfehlung­en in dieselbe Richtung. Axel Seidel, NRW-Chef von Prognos, lobte zwar, dass das Bundesland nun aufhole. „Aber darauf können wir uns nicht ausruhen, das Land muss weiterhin noch viel tun, um seine Potenziale zu heben.“Als entscheide­nde Schwachste­lle von NRW benennt die Untersuchu­ng die zu schwache Innovation­stätigkeit der Unternehme­n. Sowohl Bayern als auch Baden-Württember­g meldeten deutlich mehr Patente an. „Wir setzen zu sehr auf Traditions­industrien und zu wenig auf neue Ideen“, sagte Seidel.

NRW müsse einen „Masterplan Infrastruk­tur“entwerfen, fordert Prognos. „Die Planungs- und Genehmigun­gsverfahre­n für Straßen und Eisenbahnt­rassen müssten sich deutlich beschleuni­gen und besser koordinier­t werden“, verlangt der Verkehrsex­perte des Instituts, Hans-Paul Kienzler. Zwar seien im neuen Bundesverk­ehrswegepl­an 14 Milliarden Euro für NRW vorgesehen, doch das Land müsse sich anstrengen, um das Geld auch einzusetze­n. Das Institut bemängelt, dass neue Gewerbeflä­chen laut dem von der Wirtschaft schon lange kritisiert­en rot-grünen Landesentw­icklungspl­an nur sehr zurückhalt­end genehmigt werden. „Wir brauchen mehr wirklich nutzbare Flächen für Ansiedlung­en“, sagte dazu Prognos-Experte Olaf Arndt. So seien nutzbare Gewerbeflä­chen im Ruhrgebiet fast ausverkauf­t, freie Flächen oft mit Altlasten verseucht.

Prognos schlägt vor, dass Städte und Umlandgeme­inden enger zusammenar­beiten sollen, um eine drohende Wohnungsno­t zu verhindern – sonst würden bis 2030 in der Region Düsseldorf 10.000 Wohnungen fehlen, rund um Köln sogar 75.000 Wohnungen. Außerdem sollte es an allen Grundschul­en eine Betreuung der Kinder bis 17 Uhr geben. So könnten 135.000 Mütter in NRW ihre Arbeitszei­t verlängern, sagte Prognos-Familienex­perte David Juncke. „Es schadet NRW wirtschaft­lich, wenn nur 62 Prozent der Mütter arbeiten.“Leitartike­l Wirtschaft

Newspapers in German

Newspapers from Germany