Italienische Verhältnisse in Nordrhein-Westfalen
Die Wirtschaft zwischen Rhein und Weser holt auf. Das ist zweifellos eine gute Nachricht. An der NRW-Landesregierung kann es nicht liegen. Denn außer einem gutmeinenden, aber machtlosen Wirtschaftsminister hat das Kabinett Kraft wenig zu bieten, was hilft, im Wettbewerb vorne zu liegen.
Es ist statistisch gut belegt, dass NRW bei Patenten, Forschungsausgaben, Investitionen, Bildungserfolg und innovativen Gründungen deutlich hinter den führenden Ländern liegt. Die Industrie stagniert, die Produktivität wächst nur langsam.
Das erinnert fatal an die Situation in Italien. Beide Länder verfügen über eine gut ausgebildete, hochbegabte Bevölkerung. Aber die Menschen bleiben unter ihren Möglichkeiten, weil in Italien wie in Nordrhein-Westfalen die Politik sie durch zu viele Auflagen und zu wenig Ermutigung blockiert.
Das Prognos-Institut hat aufgelistet, was zu tun ist – mehr Geld für die Infrastruktur, mehr Forschungstransfers, Investitionen in moderne Mobilität und neue Gewerbeflächen. Die nächste Landesregierung sollte das beachten, wenn NRW wieder an der Spitze der Wirtschafts-Bundesliga mitspielen will. Derzeit kämpft das Land eher gegen den Abstieg. BERICHT NRW HOLT BEIM WACHSTUM AUF, TITELSEITE
EDie Koalition steht still
ine Liebesheirat war es 2013 nicht. Union und SPD sind aber dreieinhalb Jahre solide miteinander ausgekommen. Jetzt ist das Ende der Gemeinsamkeiten erreicht.
Wenn man schon darüber zankt, wann und mit wem ein Koalitionsgipfel stattfindet, dann ist nicht zu erwarten, dass Kompromisse gelingen. Dass die große Koalition im Vorwahlkampf schon bei Stillstand angekommen ist, ließ sich nach der nächtlichen Sitzung kaum kaschieren. Was als Einigung verkauft wurde, war schon länger Konsens. Union und SPD verkündeten vor Wochen in Interviews, das Strafmaß bei Einbruchskriminalität auf ein Jahr erhöhen zu wollen. Auch beim Verbot der Kinderehe war im Vorfeld bereits alles glatt gezogen. Bei weiteren Themen gelang die Einigung auf ein paar Spiegelstriche. Das war‘s. Der Rest ist Wahlkampf.
Union und SPD stecken in einem Dilemma. Bis zur Wahl sind es noch sechs Monate. Wenn die große Koalition jetzt aufhört, Probleme zu lösen, könnte ein Vakuum entstehen, das der gerade schwächelnden AfD neuen Auftrieb gäbe. BERICHT KOALITION WILL HÄRTERE STRAFEN . . ., TITELSEITE
Mossul ist nicht Aleppo
Die Zahl ziviler Opfer in Mossul steigt. Die Menschen geraten zwischen die Fronten im Kampf irakischer Regierungstruppen gegen die Terror-Miliz IS. Oder sie werden bei Luftangriffen getötet, die in der dicht besiedelten irakischen Metropole nicht immer präzise ihr Ziel treffen. Das sei doch genauso wie in Aleppo, behaupten jetzt triumphierend jene, die das mörderische russische Bombardement der syrischen Stadt im Nachhinein aufrechnen wollen gegen die Opfer der von den USA geführten Anti-IS-Koalition im Irak. Auch in Deutschland wollen viele gerne glauben, dass im US-Militär eine Rambo-Mentalität herrscht, seit Donald Trump im Amt ist. So ein Unsinn: Mossul ist nicht Aleppo.
Es kommen mehr Zivilisten um, weil die Intensität der Kämpfe weiter zunimmt und der IS die Bewohner von Mossul gezielt als Schutzschilde missbraucht. Das ist kein Freispruch für die Anti-IS-Allianz, die mehr tun muss, um Opfer zu vermeiden. Aber wenigstens stellt sie sich ihrer Verantwortung und bekennt ihre Mitschuld. In Moskau dagegen war immer nur die Rede von getöteten „Terroristen“. BERICHT