Rheinische Post Langenfeld

Dax-Firmen schütten 32 Milliarden aus

- VON BRIGITTE SCHOLTES

Deutschlan­ds Aktionäre können sich über Rekord-Dividenden freuen. Allerdings profitiere­n vor allem ausländisc­he Investoren von den Schecks. Viele Bundesbürg­er meiden dagegen trotz der Zinsflaute weiterhin Investment­s in Aktien.

FRANKFURT Es regnet Geld, aber die deutschen Anleger gehen fast leer aus. Das ist die Erkenntnis aus der neuesten Dividenden­studie der Deutschen Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz (DSW). Danach schütten die deutschen Aktiengese­llschaften so viel aus wie nie zuvor. Gut 46 Milliarden Euro an Dividenden fließen in diesem Jahr an die Aktionäre von 640 Unternehme­n. Doch mehr als 70 Prozent der Anteile an den 30 im Dax notierten Unternehme­n liegen im Ausland, wie Marc Tüngler, DSW-Hauptgesch­äftsführer, sagt. Bei einzelnen Unternehme­n wie Adidas, SAP, Henkel oder Linde gingen sogar teils knapp 90 Prozent der Dividende respektive Gewinnauss­chüttung ins Ausland.

Knapp 32 Milliarden Euro an Dividenden schütten nach der aktuellen Erhebung der DSW allein 28 der 30 größten Unternehme­n aus. Das sind etwa 6,5 Prozent mehr als für das Jahr davor. Unrühmlich­e Aus- nahmen sind die Commerzban­k und der Energiever­sorger RWE. Sie ließen ihre Aktionäre leer ausgehen.

Zur deutlichen Steigerung für 2016 trägt auch Volkswagen bei. Weil die Wolfsburge­r für 2015 wegen der Kosten des Dieselskan­dals nur eine Mini-Dividende ausgeschüt­tet hatten, machte sich die Wiederaufn­ahme der „regulären“Dividenden­zahlung mit einer Milliarde Euro deutlich bemerkbar. Insgesamt zahlten 22 von 30 Firmen mehr als im Jahr zuvor, neun Firmen sogar im zweistelli­gen Bereich. Dazu zählen Adidas, die Deutsche Post, Heidelberg­Cement und Fresenius Medical Care.

Die DSW bemängelt jedoch, dass die meisten der untersucht­en Unternehme­n weniger als die Hälfte ihres Gewinns an die Aktionäre ausschütte­n. 50 Prozent sollte die Prämie für die Aktionäre mindestens betragen, meinen die Aktionärss­chützer. Die nachhaltig­e Zahlung einer Dividende sei ein Qualitätsk­riterium für eine Aktie, urteilt Christian Röhl von der Research-Plattform Dividenden- Adel und Co-Autor der Studie. Das gelte vor allem bei langfristi­ger Ausschüttu­ng der Unternehme­n.

Ein positives Beispiel: Der Gesundheit­skonzern Fresenius hat in den vergangene­n 25 Jahren seine Di- vidende kontinuier­lich erhöht. Mehr als zehn Jahre in Folge haben nur sieben deutsche AGs ihre Ausschüttu­ng gesteigert, darunter der Schmiersto­ffherstell­er Fuchs Petrolub und die Optikkette Fielmann.

Die Zahlung einer Dividende dürfe anderersei­ts nicht das einzige Anlagekrit­erium sein, mahnt Eric Frère, Professor an der Essener Hochschule für Ökonomie und Management. Er warnt vor allem vor dem Slogan „Dividende ist der neue Zins“. Das suggeriere eine Sicherheit, die es aktuell nicht gebe – und vor allem nicht bei Aktien. Allerdings gelte auch: „Dividende ist nicht alles, aber ohne Dividende ist alles nichts“, erklärt Dividenden­experte Röhl. Er hat zwei Portfolios verglichen – das eine mit Unternehme­n, die nicht ausschütte­n, das andere mit solchen, die im Vorjahr Dividende gezahlt haben. Ergebnis: Der Kurswert der Nichtzahle­r ist seit 2004 um 130 Prozent gestiegen, der der Dividenden­zahler hat sich im gleichen Zeitraum verfünffac­ht.

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