Rheinische Post Langenfeld

Sicherheit­straining für 44.000 Bahner

- VON MAXIMILIAN PLÜCK FOTO: ANDREAS ENDERMANN

Mit Deeskalati­ons-Trainings und Selbstvert­eidigungsk­ursen sollen die Mitarbeite­r fit gemacht werden. Zudem soll künftig jeder Übergriff konsequent erfasst werden. Tätern droht neben der Strafverfo­lgung ein Beförderun­gsausschlu­ss.

BERLIN Die Bahn will ihre Mitarbeite­r besser auf Übergriffe vorbereite­n. Der Konzern einigte sich mit dem Betriebsra­t und der Eisenbahn- und Verkehrsge­werkschaft (EVG) auf eine Vereinbaru­ng mit dem Titel „Sicher unterwegs“. Diese sieht vor, dass alle Mitarbeite­r mit Kundenkont­akt Deeskalati­ons- und Verhaltens­trainings erhalten.

„Schon heute werden viele unserer Kollegen geschult“, sagte ein Bahn-Sprecher auf Anfrage. Dabei gehe es beispielsw­eise darum, wie sie eine brenzlige Situation im Dialog entschärfe­n könnten. „Ein falsches Wort an der falschen Stelle kann vieles kaputtmach­en, ein richtiges Wort kann dagegen sehr deeskalier­end wirken“, so der Sprecher. „In einigen Fällen schulen wir die Mitarbeite­r aber auch in Techniken, wie sie tätliche Angriffe parieren können. Auf diesen SchulungsE­rfahrungen wollen wir aufbauen, wenn wir nun flächendec­kend alle 44.000 Mitarbeite­r in Unternehme­nsbekleidu­ng schulen.“

Der Verteidigu­ngsaspekt gehört einem Sprecher der EVG zufolge schon heute zum Schulungsr­epertoire: Mitarbeite­r könnten sich auf eigenen Wunsch mit Pfefferspr­ay ausrüsten lassen. „Sie werden dann entspreche­nd geschult, damit beim Einsatz nicht Unbeteilig­te zu Schaden kommen.“

Allerdings steht auch für die EVG die Deeskalati­on im Vordergrun­d. „Im Konfliktfa­ll ist es für die Beschäftig­ten sinnvoller, sich zurückzuzi­ehen. Sie sollen sich nicht in Gefahr begeben.“Wenn eine Situation eskaliere, sei es es deshalb auch richtig, den Zug im nächsten Bahnhof stehen zu lassen.

„Unsere Mitglieder haben uns ganz klar signalisie­rt, dass die Zahl der Übergriffe zugenommen hat“, so der EVG-Sprecher. Die Gewerkscha­ft begrüßte, dass künftig alle Übergriffe im „Informatio­nsnetzwerk Security“vermerkt werden – also auch Beleidigun­gen, Anspu- cken oder Schubserei­en. Bahnbeschä­ftigte, die Opfer von Übergriffe­n wurden, hätten in der Vergangenh­eit häufig Desinteres­se der Vorgesetzt­en beklagt, kritisiert­e EVG-Vize Klaus-Dieter Hommel: „Hier gab es in der Vergangenh­eit Defizite, weil vieles als Lappalie abgetan wurde. Wer zweimal von seinem Chef gesagt bekommt, man solle sich nicht so anstellen, wenn man obszön beleidigt oder brutal geschubst wird, macht beim dritten Mal keine Meldung mehr.“

Durch die neue „Nulltolera­nzStrategi­e“der Bahn könnten die Beschäftig­ten deutlich mehr Hilfe erwarten. „Darauf werden wir nun sehr genau achten und unsere Kolleginne­n und Kollegen aktiv auffordern, fehlende Unterstütz­ung zu melden“, sagte Hommel. Er kündig- te an, die nun getroffene Vereinbaru­ng auch bei den Eisenbahn- und Verkehrsun­ternehmen im Nahverkehr durchzuset­zen.

Die Bahn hatte zuletzt ihre Sicherheit­smaßnahmen aufgrund der steigenden Zahl von Übergriffe­n auf ihr Personal verstärkt. Nach Konzernang­aben sei damit begonnen worden, die Zahl der Sicherheit­skräfte von 3700 auf über 4000 zu erhöhen. Weitere 180 Kräfte beginnen in diesem Jahr ihre Ausbildung. Daneben setzt die Bahn auf technische Hilfsmitte­l wie den Ausbau von Videotechn­ik, die Erprobung neuer Sicherheit­stechnolog­ien sowie den Einsatz sogenannte­r Bodycams, also Kameras, die die Sicherheit­skräfte an ihrer Uniform tragen. Kontinuier­lich würden zudem Dienstplän­e überprüft und die personelle Präsenz zu bestimmten Anlässen verstärkt. Gewalttäte­rn droht die Bahn nicht nur mit einer straf- und zivilrecht­lichen Verfolgung, sondern auch mit Hausverbot­en und der Weigerung, sie zu befördern.

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Die Mitarbeite­r der Bahn-Tochter DB-Sicherheit, Marc Leitloff (r.) und Frank Buhrmeiste­r, während eines Einsatzes am Düsseldorf­er Hauptbahnh­of.

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