Rheinische Post Langenfeld

Frauenhaus-Chefin geht in Rente

- VON SABINE MAGUIRE

Vor 25 Jahren begann Rita Rüttger ihre Tätigkeit im Frauenhaus. Nun setzt sie sich zur Ruhe.

KREIS METTMANN In jedem Berufslebe­n kommt irgendwann der letzte Tag. Man denkt über vieles nach, was es dann zu tun gibt. Reisen, Garten, Enkel: Meist ranken sich die Pläne um all das, was bislang zu kurz gekommen ist. Bei Rita Rüttger (63) ist dieser letzte Tag gerade in Sichtweite. Und über das, was nun kommt, sagt sie: „Es wird erstmal ein Vakuum sein. Aber danach geht es weiter“. Wie genau, weiß die Leiterin des Frauenhaus­es noch nicht. Und dennoch lässt sie keinen Zweifel daran, dass die Entscheidu­ng für den Ruhestand die richtige war. Rita Rüttger begann 1993 im damals gerade eröffneten SKFM-Frauenhaus des Kreises Mettmann als Hauswirtsc­haftsmeist­erin. Sie war dort die erste Mitarbeite­rin und später dessen Leiterin.

Beinahe 25 Jahre lang waren es vor allem die Schicksale von Frauen in Gewaltbezi­ehungen, die sie bewegt haben. Sich mit dem sprichwört­lichen dicken Fell schützen? Das wäre dort, wo man nah dran bleiben sollte an einem Menschen, keine gute Entscheidu­ng. Bis zuletzt hat sich Rita Rüttger von all dem berühren lassen, was sie von Frauen und oft auch von deren Kindern über den gewalttäti­gen Partner und Vater gehört hat. „Man erlebt die Frauen an einem Tiefpunkt, an dem man selbst nie sein möchte“, spricht sie über das oft Gehörte und über Erfahrunge­n in Grenzberei­chen des Lebens. Ohne ihr Team, das sagt sie immer wieder, hätte sie all das nicht über mehr als zwei Jahrzehnte hinweg geschafft.

Als erste Mitarbeite­rin im damals gerade eröffneten Frauenhaus angefangen, verlässt Rita Rüttger nun einen – von der Schwangers­chaftsbera­tung bis hin zur Interventi­onsstelle – mittlerwei­le umfangreic­hen Arbeitsber­eich. Sie habe immer etwas gestalten und für die Frauen bewegen wollen. Dazu gehörte aus ihrer Sicht mehr, als nur die unmittelba­re Beratung und Begleitung der Frauen. Es habe ein Netzwerk geben müssen und auch einen politische­n Willen. „Im Hilfesyste­m für Frauen hat sich seither viel bewegt“, freut sie sich über die Erfolge der vergangene­n Jahre. All das sagt sie jedoch nicht, ohne Zukünftige­s im Blick zu behalten. Denn vor allem die Kinder, die in Gewaltbezi­ehungen zu hilflosen Opfern werden, gelte es stärker in den Blick zu nehmen: „Auch wenn sie selbst keine unmittelba­re Gewalt erfahren haben, so sind sie durch das Erlebte immer mit betroffen“, weiß Rita Rüttger. Da der Vater selten das Umgangsrec­ht verliert, bleiben Kinder der Verunsiche­rung ausgeliefe­rt. Man mag sich kaum vorstellen, wie viel erzähltes Leid in einem solchen Berufslebe­n zusammenge­kommen sein mag. Getragen fühlen durfte sich Rita Rüttger über all die Jahre hinweg immer von ihrer Familie. Dazu noch eingebunde­n in ein bodenständ­iges Landleben mit zugewandte­n Freunden und Nachbarn, konnte sie die Hände einfach in die Erde stecken, um zwischendu­rch auf andere Gedanken zu kommen. Das wird sie nun wohl wieder tun in dem Wissen darum, dass aus der dort gefühlten Ruhe heraus neue Ideen für den Fortgang entstehen können.

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