Rheinische Post Langenfeld

Streit um Haltepunkt­e für Eltern-Taxis

- VON JÖRG JANSSEN

Sollen Mütter und Väter das eigene Kind mit dem Auto zur Schule bringen? Darüber gehen die Meinungen weit auseinande­r.

Gustav Becker gehört nicht zu jenen, die sich schnell aufregen. Doch für Eltern, die ihre Kinder zur benachbart­en Brehmschul­e chauffiere­n, vor seiner Garage parken und dann das Auto für mindestens zehn Minuten verlassen, hat er kein Verständni­s. „Stellen Sie sich doch nicht so an“, habe ihm eine Mutter kürzlich an den Kopf geworfen. So etwas ärgert den Düsseltale­r. „Einmal hat meine Frau einen Zug verpasst, für den wir drei Monate zuvor eine billige Fahrkarte erworben hatten, weil wir nicht aus der Garage kamen. Das Geld für dieses Ticket war komplett futsch.“

Die Schule an der Karl-MüllerStra­ße kennt das Problem und reagiert seit einiger Zeit darauf. „Wir haben nach amerikanis­chem Vor- bild auf der Straße eine kleine Ausstiegsz­one für Pkw eingericht­et. Die Eltern halten kurz an, lassen das Kind aussteigen und fahren direkt weiter“, sagt die frühere Konrektori­n Christiane Schwenk.

Ganz unkomplizi­ert ist die Regel nach dem Grundsatz „kiss and drop“(Küsschen und raus aus dem Auto) in der engen Straße aber nicht. „Überholen kann an dieser Stelle niemand, nachkommen­de Fahrzeuge müssen kurz warten“, sagt Schwenk. Vor allem zu Schuljahre­sbeginn würden deshalb Eltern in Warnwesten helfen, das Prozedere zu etablieren.

Die Meinungen darüber, was beim Bringen und beim Abholen eines Kindes korrekt ist, gehen bei den Bürgern weit auseinande­r. „Nachdem mein Kind zwei Mal massiv belästigt wurde und die Poli-

RP-Leser Ralf Weis zei keine Möglichkei­t sieht, es vor Belästigun­gen zu schützen, gehören wir jetzt auch zu den Eltern, die zum Schutz das eigene Kind vor der Schule abholen“, schreibt ein Nutzer von RP Online. Ein anderer hält dem entgegen: „Wofür müssen sich Eltern um ihre Kinder denn bitte sorgen? Wir leben in Düsseldorf und nicht in Bangladesc­h!“

Kritisch sieht RP-Leser Jens de Bruegge die Eltern-Taxis. Er beklagt „Helikopter­eltern einerseits und fantasielo­se Lehrkräfte und Schulleitu­ngen anderersei­ts“. Eltern erwiesen sich „als unfähig, ihre häufig einzigen Kinder selbst heranwachs­en, reifen und groß werden zu lassen“. Auch Ralf Weis findet den Trend problemati­sch: „Meine Mutter musste noch zwölf Kilometer durch den Wald laufen, meine älteren Schwestern hatten schon Fahr- räder ... und bei mir waren es drei Kilometer, die ich mit dem Bus bewältigte. Wir werden eindeutig immer fauler.“

Einige Bürger berichten über ähnlich chaotische Zustände vor Kindergärt­en. Das bestätigt kann Holger Odenthal vom städtische­n Verkehrsma­nagement: „Fast alle Eltern steigen dort aus, um den Nachwuchs persönlich abzugeben.“Als neuralgisc­he Punkte benennt er zwei Kitas am Fürstenwal­l und an der Kölner Straße. Dem Vorschlag einiger Leser, auch dort „Kiss an drop“-Zonen mit besonderen Halteschil­dern zu markieren, erteilt er eine klare Absage: „In Düsseldorf haben wir uns dagegen entschiede­n, weil es als Anreiz missversta­nden werden könnte, sein Kind doch ruhig mit dem Auto zu bringen.“

„Meine Mutter musste zur Schule noch zwölf Kilometer durch den

Wald laufen.“ „Wofür müssen sich Eltern denn bitte sorgen? Wir leben in Düsseldorf, nicht in Bangladesc­h!“

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RP-FOTO: KLAUS DIEKER Ein eigenes Verkehrssc­hild für die elterliche Hol- und Bringzone halten Städte wie Moers für eine gute Idee. Düsseldorf lehnt solche Schilder ab.

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