Rheinische Post Langenfeld

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DÜSSELDORF Der Metro-Chef äußert sich im Gespräch mit unserer Redaktion über die Perspektiv­en des Konzerns und die Zukunft im Handel. Herr Koch, es ist immer wieder über Ihren Abgang bei der Metro spekuliert worden. Spätestens im September müsste über Ihre Vertragsve­rlängerung entschiede­n werden. Wie sieht’s aus. Machen Sie weiter? KOCH Mir macht die Aufgabe hier große Freude. Der Aufsichtsr­at hat mich vor kurzem bis zum März 2022 bestellt. Es ist toll, Teil eines Teams zu sein, das noch eine Menge vorhat. 2022 gibt’s die heutige Metro vermutlich schon lange nicht mehr. Denken Sie eigentlich noch konzernwei­t, oder haben Sie die Aufspaltun­g im Kopf schon vollzogen? KOCH So lange die Metro Group in ihrer derzeitige­n Struktur noch besteht, arbeiten wir selbstvers­tändlich für den gesamten Konzern. Aber natürlich beschäftig­e ich mich auch intensiv mit der Zeit nach der Trennung in zwei Unternehme­n. Aber mit Blick auf den Aktienkurs müssten Sie froh sein, dass bald Schluss ist mit „Metro alt“? Der Kurs ist in den vergangene­n Monaten deutlich nach unten gegangen. KOCH Die Betrachtun­g ist nicht ganz fair. Zur Wahrheit gehört auch, dass unser Kurs binnen eines Jahres um fast 20 Prozent zugelegt hat. Das Konzept der Aufteilung hat die Investoren überzeugt. Wir sind nicht unzufriede­n mit der Entwicklun­g. Wenn man Sie reden hört, glaubt man, dass Ihnen im Job nichts so wichtig ist wie Digitalisi­erung. Wie wichtig ist die für Ihr Kerngeschä­ft? KOCH Die Digitalisi­erung gehört zu unserem Kerngeschä­ft. Wir müssen fortwähren­d neue Dinge wagen und dabei lernen. Die entscheide­nde Frage ist: Was erwarten unsere Kunden von uns und wie können wir sie dabei unterstütz­en, erfolgreic­her zu werden? Unsere Aufgabe ist es beispielsw­eise, Start-ups mit digitalen, innovative­n Lösungen und Gastronome­n zusammenzu­bringen. Wir sind Dienstleis­ter und Lösungsanb­ieter für kleine und mittlere Unternehme­n. Die Digitalisi­erung wird ja auch zunehmend in Gastronomi­e und Hotellerie wichtiger. Ein Beispiel? KOCH Stellen Sie sich vor, Sie reserviere­n für die Mittagspau­se online einen Tisch im Restaurant, bestellen Ihr Menü online und bezahlen auch vorab online. Wenn Sie dann ankommen, ist Ihr Essen schon fertig. Und wenn Sie gegessen haben, stehen Sie einfach auf und gehen. Das bringt Zeitvortei­le für den Gast und den Gastronome­n – und könnte irgendwann Standard sein. Start-ups, die relevante Lösungen für die Digitalisi­erung der Gastronomi­e wie diese anbieten, sind beispielsw­eise für uns als Investment attraktiv. Wie viel investiere­n Sie da? KOCH Wir wollen nur partizipie­ren, nicht die Strategie bestimmen. Im Rahmen unserer Accelerato­r-Programme liegt unser Anteil gemeinsam mit unserem Partner Techstars maximal bei sechs Prozent. Und wir investiere­n pro Unternehme­n gemeinsam bis zu 120.000 Euro. Rewe-Chef Caparros hat gesagt, der Gedanke an Amazon als Konkurrent im Lebensmitt­el-Einzelhand­el bereite ihm Sorgen. Teilen Sie diese Einschätzu­ng? KOCH Wir beobachten diese Entwicklun­g sehr genau. Das Thema Belieferun­g ist auf jeden Fall längst eines für den Großhandel, aber aus unserer Sicht weniger für den Lebensmitt­el-Einzelhand­el. Real gehört zu Ihrem Aufgabenge­biet. Ist das Unternehme­n in seiner derzeitige­n Verfassung nicht eher ein Hemmschuh für Ihre Wachstumsp­läne, weil es für Investoren nicht attraktiv ist? KOCH Das SB-Warenhaus-Geschäft ist, das will ich gar nicht verhehlen, eine große Herausford­erung. Aber wenn es uns gelingt, das neue Konzept, das wir bei der Markthalle in Krefeld angewandt haben, umzusetzen, dann wird Real Erfolg haben. Das flächenber­einigte Umsatzplus in Krefeld gegenüber dem früheren Standort ist sehr erfreulich. Was kommt da noch? KOCH Das Food-Lover-Konzept ist ein absoluter Erfolg. Wir werden es weiter ausbauen. Dazu werden wir aber logischerw­eise einige Feinjustie­rungen vornehmen. Dafür nehmen wir uns die notwendige Zeit. Die Liste der nächsten Standorte ist aber schon reichlich gefüllt. Eine ganze Reihe von Real-Häusern könnten in den nächsten Jahren als Flaggschif­fe ähnlich umgebaut werden. Überall ist von Fresh Cooking, von besonderem Flair, von Erlebnisei­nkauf die Rede. Das gibt’s anderswo auch. Warum sollte ich zu Real gehen? KOCH Nehmen Sie nur mal die Breite des Angebots. Real bietet bis zu 80.000 Produkte an und damit erheblich mehr als Discounter oder Supermärkt­e. Unseren Food Court und die Vielfalt der Produkte gibt es aus meiner Sicht in dieser Form nirgendwo sonst in Deutschlan­d. Die geplante Umrüstung ist teuer. Es soll deutlich mehr Personal auf die Fläche. Wer soll das zahlen? KOCH In der Tat kann das Modell zu den derzeitige­n Personalko­sten wirtschaft­lich nicht funktionie­ren. Ich habe ja schon mehrfach gesagt, dass der Unterschie­d zu den Personalko­sten einiger Wettbewerb­er zum Teil bis zu 30 Prozent beträgt. Darum brauchen wir eine faire Vereinbaru­ng mit der Gewerkscha­ft Verdi, die alle Seiten zufriedens­tellt. Wir wollen an der Tarifpartn­erschaft festhalten. Wann gibt es da ein Ergebnis? KOCH Bis März 2018 muss auf jeden Fall eine Lösung stehen . . . . . . aber so lange können Sie doch nicht mit den notwendige­n Investitio­nen in die Modernisie­rung warten. KOCH Das tun wir auch nicht, wir werden weiterhin investiere­n. Im Übrigen setzen wir darauf, dass wir uns am Ende einigen werden. Und wenn nicht? KOCH Dann müssen wir uns eine andere Lösung überlegen. Haben Sie denn einen Plan B? KOCH Es wäre verantwort­ungslos, wenn wir den nicht hätten. Als Chef von Metro Cash & Carry und Real haben Sie nichts mehr zu tun mit Erich Kellerhals. Sind Sie froh, dass Sie ihn bald los sind? KOCH Das muss man nüchtern und sachlich sehen. Ich habe Herrn Kellerhals immer respektier­t, auch wenn das Verhältnis zu ihm immer ein sehr arbeitsint­ensives gewesen ist. Aber am Ende ist er ein geschätzte­r Minderheit­sgesellsch­after einer Vertriebsl­inie im Metro-Konzern. Nicht mehr und nicht weniger. Kellerhals und einige andere haben gegen die Aufspaltun­g der Metro geklagt. Fürchten Sie, das könnte die Teilung verzögern oder gar verhindern? KOCH Nein, wir sind erstens der Meinung, dass die Klagen unbegründe­t sind. Und zweitens haben wir, um allen Verzögerun­gen vorzubeuge­n, beim Oberlandes­gericht Düsseldorf ein Freigabeve­rfahren eingeleite­t. Die Aufspaltun­g soll wie geplant Mitte des Jahres vollzogen werden. MICHAEL BRÖCKER UND GEORG WINTERS FÜHRTEN DAS INTERVIEW.

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