Rheinische Post Langenfeld

Zverev schimpft nach Ausscheide­n über Schiedsric­hter

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Der 19-Jährige hat sein erstes Masters-Halbfinale verpasst. Die Wut des Hamburgers bekam der Offizielle zu spüren.

FRANKFURT/MIAMI (sid) Alexander Zverev herzte Nick Kyrgios am Netz und klopfte seinem Kumpel anerkennen­d auf den Kopf. Doch nach dem Spektakel von Miami und der Niederlage in seinem ersten Masters-Viertelfin­ale brodelte es mächtig in dem 19-Jährigen aus Hamburg. „Er hat in dieser Situation einen schrecklic­hen Job gemacht“, schimpfte Zverev nach dem 4:6, 7:6 (11:9), 3:6 gegen den Australier Kyrgios über Stuhlschie­dsrichter Fergus Murphy.

Bereits beim letzten Seitenwech­sel hatte Zverev seine Trinkflasc­he zu Boden geworfen und dem Iren wutentbran­nt zugerufen: „Das

Der Tennis-Zirkus erreicht wieder Europa. In Monte Carlo, das um diese Jahreszeit schon mit angenehmen Temperatur­en aufwartet, findet unter freiem Himmel das erste große Turnier des Jahres auf roter Asche statt. Das hat Tradition. Eine ganze Turnierser­ie war an der Cote d’Azur bereits zu Gottfried von Cramms besten Zeiten, ja sogar weit davor, ganz groß in Mode – als Treffpunkt der Schönen, der Reichen und eben der berühmten Tennisspie­ler aus aller Welt. Dort verbrachte man gern ein paar Wochen und tingelte von einer Veranstalt­ung zur anderen. Man logierte, als Tennis noch eine brotlose Kunst war, entweder in einfachen Absteigen, oder war privat untergebra­cht – oftmals in der Villa irgendeine­s Millionärs, der sich seine Gastfreund­schaft zur Ehre anrechnete.

Es waren nicht nur Ehrenmänne­r, die sich dort tummelten. Zum Tross könnte mich das Match kosten.“Gemeint war jene Szene im entscheide­nden Satz, in der Murphy eine Challenge von Kyrgios zuließ, obwohl der Weltrangli­sten-16. zuvor lange gezögert hatte.

Nach einem Lob von Zverev war der Schlag von Kyrgios durch die Beine („Tweener“) im Netz gelandet. Erst nach Interventi­on seiner Teammitgli­eder in der Box forderte der „Bad Boy“mit einiger Verzögerun­g den Einsatz des Hawk Eyes an. Schiedsric­hter Murphy stimmte zu – und Kyrgios bekam den Punkt zugesproch­en, weil der Ball tatsächlic­h knapp hinter der Linie gelandet war. der Tennisspie­ler, die sich regelmäßig in Südfrankre­ich einfanden, gehörte auch ein gewisser Vere St. Leger Thomas Gould, der 1879 das Endspiel in Wimbledon erreicht hatte. Bei einer der Gelegenhei­ten ergab es sich, dass der sportliche Ire und seine Frau Violet, eine gebürtige Belgierin, in der Spielbank eine sehr vermögende Witwe kennenlern­ten. Von Freundscha­ft konnte allerdings keine Rede sein. Um an die Pretiosen der Dame zu gelangen, beförderte das Ehepaar die Witwe eines Tages heimtückis­ch vom Leben zum Tod und zerstückel­te die Leiche.

Am Bahnhof von Nizza wurden die feinen Herrschaft­en jedoch erwischt und überführt. Aus dem Koffer, in dem die sterbliche­n Überreste der beklagensw­erten Witwe untergebra­cht waren, drang nämlich wegen der Hitze, die gerade herrschte, ein äußerst strenger Geruch, der einem Bedienstet­en der Bahn in die

Aufschläge­r Zverev tobte, fluchte, fasste sich immer wieder an sein knallorang­enes Stirnband – doch der Punkt gehörte unwiderruf­lich seinem guten Freund. Es passte ins Bild, dass Zverev völlig entnervt dieses Servicespi­el verlor und vorentsche­idend mit 2:4 in Rückstand geriet. „Der Schiedsric­hter hat da einen riesigen Fehler gemacht. Was soll ich noch dazu sagen?“, fragte der deutsche Davis-Cup-Spieler rhetorisch.

Die Hand schüttelte Zverev dem Iren nach dem zweieinhal­bstündigen Duell der beiden „Stars der nächsten Generation“trotzdem. „Das mache ich immer“, meinte die Nase drang. Der Mann hatte nichts Besseres zu tun, als seine Wahrnehmun­g der Polizei zu melden – und so nahm die Gerechtigk­eit ihren Lauf.

Das skrupellos­e Paar musste sich ob der ruchlosen Tat vor Gericht verantwort­en. Madame Gould wurde zum Tode verurteilt und später zu lebenslang­er Haft begnadigt. Sie starb einige Jahre später im Zuchthaus von Montpellie­r. Mister Gould wurde auf die Teufels-Inseln verbannt, wo er nur kurz darauf bereits verschied.

Welche Erkenntnis gewinnen wir aus dieser Anekdote? Nun, heutige Tennisprof­is haben es nicht nötig, in billigen Herbergen beziehungs­weise in den Villen wohlhabend­er Gastgeber abzusteige­n – geschweige denn reiche Witwen umzubringe­n, um sich daran zu bereichern. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de Nummer 20 der Welt lapidar und übte Selbstkrit­ik: „Ich hatte meine Chancen, konnte sie aber nicht nutzen. Es ist dennoch schwer zu sagen, was ich konkret hätte besser machen können.“Kyrgios (16 Asse) musste allerdings keinen einzigen Breakball abwehren.

Die schillernd­e Veranstalt­ung im Crandon Park auf der Insel Key Biscayne, bei der noch kein deutscher Spieler den Einzel-Titel holen konnte, wird ihm trotzdem in bester Erinnerung bleiben. „Es war ein gutes Turnier von mir“, meinte Zverev, der im Achtelfina­le den topgesetzt­en US-Open-Gewinner Stan Wawrinka (Schweiz) ausgeschal­tet hatte.

Als Tennisprof­is reiche Witwen umbrachten Früher war alles besser? Von wegen. Tennis war zum Beispiel lange eine brotlose Kunst. Und das trieb sogar einen Wimbledon-Finalisten zu einem Kapitalver­brechen.

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FOTO: DPA Während des Spiels hadert Zverev immer wieder mit sich selbst.

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