Rheinische Post Langenfeld

Kroatien will sich endlich seiner Vergangenh­eit stellen

- VON RUDOLF GRUBER

ZAGREB Ein Vierteljah­rhundert nach der Unabhängig­keit will Kroatien seine totalitäre Vergangenh­eit aufarbeite­n. Ein Expertengr­emium soll über Faschismus und Kommunismu­s historisch belegbare, allgemein akzeptiert­e Bewertunge­n artikulier­en. Ein schwierige­s Unterfange­n.

Die ersten Reaktionen auf die Ankündigun­g von Premiermin­ister Andrej Plenkovic, einen „Rat der historisch­en Aufarbeitu­ng“einzusetze­n, waren nicht gerade vielverspr­echend. Sowohl von rechter als auch von linker Seite hagelte es vorab schon Vorwürfe von Geschichts­fälschung, während Historiker den Premier kritisiert­en, er werfe HitlerFasc­hismus und Tito-Kommunismu­s in einen Topf.

Dass Ustascha-Regime des HitlerVasa­llen Ante Pavelic (1941-45) beging Völkermord nach Nazi-Manier. Das Konzentrat­ionslager Jasenovac steht für das Auschwitz des Balkans: Hier, am nördlichen Ufer der Save, wurden über 80.000 Serben, Juden, Roma und andere Regimegegn­er ermordet. Im kommunisti­schen Jugoslawie­n nach 1945 gab es keine industriel­le Mordmaschi­ne, doch ließ der legendäre Partisanen­führer Josip Broz Tito politische Gegner verfolgen und auch umbringen.

Heute sind die nachgebore­nen Anhänger des Ustascha-Staates weiter präsent. Der nationalis­tische Kroatische Demokratis­che Bund (HDZ), von Kriegspräs­ident Franjo Tudjman gegründet, ist seit der Unabhängig­keit 1991 dominieren­de Regierungs­partei und prägt bis heute auch den historisch­en Diskurs. So sieht der HDZ im Ustascha-Staat weniger eine Nazi-Schöpfung als vielmehr einen Modellstaa­t für die heutige Republik Kroatien.

Plenkovic, seit Oktober HDZChef, will nun seiner Partei ein christdemo­kratisches Erscheinun­gsbild nach westlichem Muster verpassen. Eine der wichtigste­n Voraussetz­ungen dafür ist die Aufarbeitu­ng und Neubewertu­ng der Vergangenh­eit, die bislang den Blick in die Zukunft verstellt.

Historiker kritisiere­n, Faschismus und Kommunismu­swürden in einen Topf

geworfen

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FOTO: IMAGO Texanische Farmer an einem Stacheldra­htzaun, der an vielen Stellen bisher die amerikanis­ch-mexikanisc­he Grenze bildet. Sollte US-Präsident Donald Trump seinen Plan wahrmachen und überall einen hohen Grenzwall errichten lassen, befürchten viele hier...

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