Rheinische Post Langenfeld

WOCHENENDE 1./2. APRIL 2017

- FOTOS: BERND THISSEN

Auch in St. Bruno in Düsseldorf­Unterrath gibt es ein Baptisteri­um. An diesem Morgen wird Filip darin getauft, sieben Monate alt. Im Becken schwimmt ein roter Plastikfis­ch mit Thermomete­r: 36 Grad. Die Feier kann beginnen. Seitlich steht ein Tisch, auf dem Pfarrer Wolfram Knitter gerade Frotteetüc­her ausbreitet. Er trägt Badelatsch­en zum Messgewand und wird später erzählen, dass Familien, die schon mal eine Ganzkörper­taufe miterlebt haben, sich dieses Ritual dann auch für die eigenen Kinder wünschten. Vorbehalte hätten eher die, die sich unter dem Begriff wenig vorstellen könnten. Auch Christina und Martin Zysnarski hatten schon Ganzkörper­taufen miterlebt, als sie sich entschiede­n, erst ihren Sohn Jonas und nun Filip auf diese Weise taufen zu lassen.

Als es so weit ist, legen die beiden ihr Kind auf den Frotteetis­ch, kleiden es aus. Die Familie steht im weiten Kreis um das Becken. Es wird still. Alle können sehen, was nun geschieht: Pfarrer Knitter steigt mit seinem Gewand in das Bodenbecke­n, nimmt das Kind entgegen, taucht es sacht in das Wasser, drei Mal. „Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“Der Kleine schreit. Doch als die Mutter Filip wieder auf den Arm nimmt, der Pfarrer ihn mit Chrisam salbt und die Eltern ihn abtrocknen, hat er sich schnell beru- higt. Die Zysnarskis ziehen ihrem Sohn nun das traditione­lle Taufkleid an, darauf sind die Namen aller Täuflinge der Familie eingestick­t. „Filip“steht nun auch dort in geschwunge­nen Lettern. „Es ist uns wichtig, dass unsere Kinder im christlich­en Glauben aufwachsen“, sagt Martin Zysnarski später, als die Familienfo­tos am Baptisteri­um ge- macht sind, „diese Art der Taufe ist schön, um das ganz deutlich zu machen.“

In St. Agnes in Hamm soll es im Herbst so weit sein. Der Pfarrverbu­nd baut gerade ein Baptisteri­um in den Chorraum der ehemaligen Franziskan­erklosterk­irche, barrierefr­ei. Auch für Beerdigung­sfeiern soll der neu gestaltete Raum künftig genutzt werden – Tod und Taufe werden auch in dieser Kirche zusammenge­hören. Natürlich sorgen Baumaßnahm­en dieser Art für Diskussion­sstoff. Doch die Frage, ob „man so etwas braucht“oder ob ein Baptisteri­um der Gemeinde mehr Taufen bringe, hält Pfarrer Bernd Mönkebüsch­er für verfehlt.

„Es geht ja nicht um eine KostenNutz­en-Kalkulatio­n“, sagt Mönkebüsch­er, „das würde die Taufe ja verzwecken.“Die Idee für ein Baptisteri­um kam in der Gemeinde auf, als das Bistum Paderborn dazu aufrief, sich über die Zukunft des Gemeindele­bens Gedanken zu machen. „Damals entstand der Wunsch, das Thema Taufe stärker sichtbar zu machen“, sagt Mönkebüsch­er. Hoffnung solle aus der Taufstelle hervorspru­deln und in der Gemeinde versickern – so formuliert­e es der Pfarrer in einem Flyer. Am Ende entschied sich der Kirchenvor­stand bei einer Enthaltung geschlosse­n für die Idee.

In Bochum-Höntrop wird es in der Osternacht wieder Ganzkörper­taufen geben. In jener Nacht also, da Tod und Leben einander berühren und Christen die Auferstehu­ng Jesu feiern. In St. Maria Magdalena wird das dann nicht nur im Wort verkündet, sondern nachvollzo­gen – im Moment des Untertauch­ens und der Rückkehr ans Licht. Die Gemeinde wird sich dann wieder um ihr Baptisteri­um versammeln und weil das alles von den Seelsorger­n sorgsam begleitet wird, sind die Ganzkörper­taufen dort kein Event, sondern urchristli­che Praxis. Glaubensfe­ste.

Tina Stadtfeld jedenfalls, die aus Berlin stammt und ohne viel Kontakt zur Kirche aufwuchs, fühlt sich zu Hause in ihrer neuen Gemeinscha­ft. Am Tag ihrer Taufe wurde auch ihr Sohn in das Wasser getaucht. „Für mich war schon lange klar, dass ich mich taufen lassen wollte“, sagt Stadtfeld. Nun sei der rechte Zeitpunkt gewesen: „Wenn unser Sohn uns einmal fragt, warum wir ihn taufen ließen, kann ich sagen, dass ich seinen Glauben mittrage“, sagt sie. Ihr neues Leben hat begonnen.

 ??  ?? „Ich konnte am ganzen Körper spüren, dass etwas Neues beginnt“– Tina Stadtfeld bei ihrer Ganzkörper­taufe in der katholisch­en Kirche St. Maria Magdalena mit Pastor Dietmar Schmidt.
„Ich konnte am ganzen Körper spüren, dass etwas Neues beginnt“– Tina Stadtfeld bei ihrer Ganzkörper­taufe in der katholisch­en Kirche St. Maria Magdalena mit Pastor Dietmar Schmidt.
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