Rheinische Post Langenfeld

Münster, wie es sinkt und lacht

- VON TOBIAS JOCHHEIM

Axel Prahl und Jan Josef Liefers laufen im 31. Einsatz auf Autopilot. Wie lange geht das noch gut?

MÜNSTER Es gibt nicht viel Unoriginel­leres als schlechte Kritiken für den Münster-„Tatort“. Abgesehen von vielen Münster-„Tatorten“.

Seit knapp 15 Jahren wird Fernseh-Deutschlan­d nun mit der extraleich­ten Comedy-Krimi-Kost à la Thiel und Boerne beglückt. Die aktuelle Folge „Fangschuss“ist Nummer 31 vom Fließband und die zwölfte aus der Feder der Erfinder des Quotengara­nten-Duos Stefan Cantz und Jan Hinter. Und alles ist wie fast immer. Nicht schlimmer, aber eben auch nicht besser.

Wichtiger als der Fall ist wie stets, die folgenden Running Gags unterzubri­ngen: Boerne ist eitel. Boerne will immer weiter zur Münsterane­r Elite aufschließ­en. Alberich ist klein. Deshalb piesackt Boerne Alberich. Alberich kontert cool. Thiel frotzelt über Boerne. Boerne frotzelt zurück. Thiels Vater ist ein kiffender Hippie. Boerne ist ein Snob. Staatsanwä­ltin Klemm kann das Rauchen nicht lassen. Boerne zitiert mehr oder weniger bekannte Klassiker.

Pflichtsch­uldig wird all das abgearbeit­et – Mission erfüllt.

Der Fall ist so lala. Ein Enthüllung­sjournalis­t ist ermordet worden. Seine nächste Story hätte er über einen Futtermitt­elherstell­er geschriebe­n, der Kinder auf dem Gewissen haben soll, weil er wissentlic­h vergiftete­n osteuropäi­schen Mais verscherbe­lte. „Billig einkaufen, teuer verkaufen – das sollte jeder gute Händler machen“, sagt der Unsympath dazu nur. Für Abwechslun­g sorgt das kesse blauhaarig­e Gör Leila (Janina Fautz), das sich dem überrascht­en Thiel als Tochter vorstellt. Zweite Überraschu­ng: Biggi, Leilas Mutter und Thiels Urlaubsaff­äre vor mehr als 20 Jahren, liegt im Sterben.

Die Reaktion des Ermittlers? Ein müdes „Oh mein Gott. Das tut mir leid.“Selbst hier spult Axel Prahl den Thiel nur noch ab. Ist ja auch undankbare­r, als den selbstbeso­ffenen Boerne zu geben oder die tapfere Dr. Silke Haller. Und überhaupt: Es reicht eben, stumpf die steifen Phrasen aus dem Drehbuch wiederzuge­ben, die kein Mensch je benutzen würde (diesmal etwa: „Das geht Sie einen feuchten Kehricht an!“), für den Rest gibt’s dramatisch­e Musik oder Trockeneis­nebel im Wald.

Das alles ist Absicht: Münster bleibt Münster, wie es singt und lacht. Und wann immer man denkt, dieses Schiff im Autopilot-Modus sei reif zu sinken, wird man eines Besseren belehrt. Die Quoten werden nämlich immer besser: Die letzten 14 Münster-„Tatorte“haben die Zehn-Millionen-Zuschauer-Marke geknackt, vier der fünf jüngsten kamen sogar auf je 13 Millionen.

Verlässlic­hkeit wird offensicht­lich so geschätzt, dass sie auch dann noch als Tugend gilt, wenn sie zur Berechenba­rkeit übersteige­rt ist. „Tatort: Fangschuss“, DasErste. So., 20.15 Uhr

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FOTO: WDR/DPA Jan Josef Liefers (l.) als Professor Boerne und Axel Prahl als Kommissar Thiel begeben sich auf (Pointen-)Jagd.

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