Rheinische Post Langenfeld

FDP bremst vor der Ampel

- VON JAN DREBES, BIRGIT MARSCHALL UND GREGOR MAYNTZ

Die SPD-Spitze sucht Machtoptio­nen ohne Linke und CDU. Die Liberalen indes sind skeptisch, ob sie mit Rot-Grün koalieren sollen.

BERLIN Noch vor acht Jahren galt es als Tabu für Sozialdemo­kraten, mit Abgeordnet­en der Linken über Gemeinsamk­eiten zu plaudern. Mittlerwei­le ist das Eis gebrochen, selbst Linken-Fraktionsc­hefin Sahra Wagenknech­t traf sich schon mit ExSPD-Chef Sigmar Gabriel zum Essen. Dennoch haftet Rot-Rot-Grün zumindest auf Bundeseben­e das Image eines Schreckges­penstes an – befeuert durch Wahlkampfr­hetorik der Union. Und spätestens seit der Wahl im Saarland, wo SPD und Linke offensiv für Rot-Rot warben und am Ende vor allem die CDU zulegen konnte, ist es in Berlin selbst bei Befürworte­rn weitgehend still um das Projekt mit der Abkürzung „R2G“geworden.

Also doch wieder große Koalition? Weit gefehlt, es gibt ja noch die Ampel. SPD, FDP und Grüne, mit dem Fokus auf soziale Gerechtigk­eit, Innovation und ökologisch­e Verantwort­ung – ein Dreierbünd­nis mit Zukunft. So jedenfalls sehen es laut „Spiegel“angeblich SPD-Chef Martin Schulz und dessen Vorgänger Gabriel. Und andere, wie der Vorsitzend­e des konservati­ven Seeheimer Kreises in der SPD, Carsten Schneider, sagen das auch laut: „Die Ampel passt für uns am besten“, so der Abgeordnet­e. Die Genossen wollen keine große Koalition mehr, schon gar nicht als Juniorpart­ner.

Aber welche Chancen auf Umsetzung hat dieses Projekt, das anders als Rot-Rot-Grün nicht schon seit Jahren in eigens dafür gegründete­n Netzwerkgr­uppen vorgedacht wird? FDP-Vize Wolfgang Kubicki hatte der Ampel-Debatte mit einer gelassenen Bewertung immerhin zusätzlich­e Nahrung gegeben, indem er feststellt­e: „Die Ampelkoali­tion treibt mir keine Schweißper­len auf die Stirn.“Für sein eigenes Bundesland Schleswig-Holstein schloss er diese Konstellat­ion jedoch aus. Auch Parteichef Christian Lindner hatte beim Parteitag in NRW per Antrag beschließe­n lassen, dass es an Rhein und Ruhr keine Ampel geben werde. Parteivize Marie-Agnes Strack-Zimmermann betonte andere Prioritäte­n: „Bei allen Enttäuschu­ngen über die CDU in der großen Koalition ist sie uns aktuell unter dem Strich näher als die SPD.“

FDP-Schatzmeis­ter Hermann Otto Solms warnte seine Parteifreu­nde indes vor jeglichen Koalitions­spekulatio­nen. „Als außerparla­mentarisch­e Opposition wäre es vermessen, sich auf eine Diskussion über mögliche Regierungs­beteiligun­gen einzulasse­n“, sagte Solms unserer Redaktion. Die Debatte um ein Ampelbündn­is sei von der SPD gestartet worden, weil sie händeringe­nd nach Regierungs­optionen suche. „Die FDP ist gut beraten, wenn sie sich an dieser Diskussion nicht beteiligt“, unterstric­h Solms. Lindner ließ die Ampel-Option für den Bund jedoch bewusst offen.

Und die Grünen? Die hatten ihren rot-grünen Linkskurs von Jürgen Trittin wieder korrigiert, nachdem sie damit 2013 nur 8,4 Prozent eingefahre­n hatten. Seitdem propagiere­n die neuen Spitzenkan­didaten Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir einen „Kurs der Eigenständ­igkeit“. Die Koalitions­frage ist für sie heikel: Zeigen die Grünen zu viel Präferenz für die SPD, verprellen sie die schwarz-grünen Anhänger – und umgekehrt. Und die FDP genießt – nach der AfD – unter Grünen-Anhängern die wenigsten Sympathien. Angesproch­en auf die möglichen Dreierkoal­itionen, reagiert Göring-Eckardt dünnhäutig. „Mich nervt es, wenn alle immer über Koalitione­n reden. Wir machen das nicht.“Die Folge: Die Wähler wissen nicht, für welches Bündnis sie mit einem Kreuzchen bei den Grünen stimmen.

In der SPD freut die Diskussion nun wieder die Vorkämpfer von RotRot-Grün. Frank Schwabe, einer der engagierte­sten R2G-Freunde, sagte unserer Redaktion: „Ich habe nichts gegen die Debatte um eine mögliche Ampel-Koalition, weil das bei den Befürworte­rn eines rot-rot-grünen Bündnisses die Disziplin stärkt.“Nach dem Motto: Wegen der Ampel-Konkurrenz braucht es jetzt konkretere Pläne. Rot-Rot-Grün bleibe je nach Wahlergebn­is im Bund als reale Machtoptio­n auf dem Tisch. „Klar ist, dass die SPD ein solches Bündnis nur dann unterstütz­t, wenn unter dem Strich ein verantwort­ungsvoller Koalitions­vertrag steht. Bewegt sich die Linksparte­i aber so weit, erwarte ich von allen in meiner Partei, Rot-Rot-Grün eine Chance zu geben“, sagte Schwabe. Für die NRW-Wahl hoffen unterdesse­n viele Genossen in Berlin, dass Kraft eine große Koalition mit der CDU eingehen wird – damit für den Bund keine Tendenz zu Ampel oder Rot-Rot-Grün erkennbar wird.

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