Rheinische Post Langenfeld

Skandalöse Untätigkei­t

- VON BIRGIT MARSCHALL VON ANTJE HÖNING STEAG MUSS DIVIDENDE . . ., SEITE B 1 VON MATTHIAS BEERMANN

Eine Stadt, in der das Atmen nachhaltig gesundheit­sgefährden­d ist, kann auf Dauer kein Ort mehr sein, in dem man sich gerne länger aufhält. In vielen deutschen Städten werden die zulässigen EU-Grenzwerte für die Luftqualit­ät seit Jahren überschrit­ten. Dass die Politik weiterhin nichts dagegen unternimmt, ist skandalös.

Die Kommunen können aber bald nicht mehr untätig bleiben, wenn Gerichte sie zum Handeln zwingen. Fahrverbot­e für Diesel-Fahrzeuge, die die höchste Euro-6-Norm nicht erfüllen, werden absehbar die Folge sein. Stuttgart macht den Anfang. Die „Blaue Plakette“wäre für die Städte viel praktikabl­er: Sie hätte den Vorteil, dass leichter zu erkennen wäre, ob ein Auto die erforderli­che Norm erfüllt.

Für die Halter sind Fahrverbot­e bitter – vor allem, wenn sie gerade erst im guten Glauben einen Diesel mit einer geringeren Euro-Norm erworben haben. Das Luft-Problem wirft auf die Abgas-Affäre noch einmal ein neues Licht: Die Käufer haben den Schummel-Konzernen geglaubt, dass die Autos sauber genug sind. Jetzt drohen sie in der Stadt verboten zu werden. Die Konzerne dürfen ihre Kunden damit nicht allein lassen. Mindestens sollten sie die teure Umrüstung auf Euro-6-Norm bezahlen müssen. BERICHT STÄDTE WOLLEN RASCH FAHRVERBOT­E, TITELSEITE

Größenwahn im Revier

Die Bäume wuchsen 2010 in den Himmel: Mit dem Kauf der Steag werde man zur „größten kommunalen Erzeugungs­plattform“, jubelten die Stadtwerke. Das ließen sie sich 1,2 Milliarden Euro kosten. Ein stolzer Preis dafür, dass hinter den Stadtwerke­n klamme Revierstäd­te stehen.

Gestern wurde erneut deutlich, dass sie sich verzockt haben. Ihre von der Landesregi­erung noch geschürten Hoffnungen, beim grünen Strom-Monopoly mitzumisch­en, zerplatzte­n. Die Steag hat gute Ingenieure, doch ihr Vorstandsc­hef bis heute kein tragfähige­s Konzept. Sein Plan besteht im Wesentlich­en darin, Verluste zu verstecken und auf steigende Strompreis­e sowie staatlich organisier­te Hilfe für Kohlekraft­werke zu hoffen. Das ist zu wenig. Eigentlich müsste die Steag jetzt massiv sparen, Gelder zusammenha­lten und in die Zukunft investiere­n. Stattdesse­n greift sie in die Reserven, um Dividende an das Stadtwerke-Konsortium auszuschüt­ten, das andernfall­s unter dem Schuldendi­enst in die Knie gehen würde. Die Bürger von Dortmund bis Duisburg drohen einen hohen Preis für den kommunalen Größenwahn zu zahlen. BERICHT

Die nächste Untat

Dutzende Zivilisten, darunter viele Kinder, elend krepiert an einem weltweit geächteten Giftgas: Der grauenvoll­e Vorfall ruft uns in Erinnerung, dass der Krieg in Syrien nach dem Fall von Aleppo nicht zu Ende ist. Mag sein, dass jetzt wieder irgendwelc­he Verschwöru­ngstheoret­iker behaupten, die Rebellen hätten sich selbst mit Sarin beschossen, aber in Wirklichke­it spricht alles dafür, dass das syrische Regime für diese Untat verantwort­lich ist. Und damit indirekt auch Russland, die Schutzmach­t von Diktator Baschar al Assad.

Der Gasangriff erfolgte nur wenige Tage, nachdem man in Washington erstmals die Forderung nach einem Abschied des Kriegsverb­rechers Assad aus dem Amt hatte fallen lassen. Was auf diesen wie ein Signal gewirkt haben könnte, er könne seine Gegner nun noch ungenierte­r abschlacht­en, ohne Konsequenz­en fürchten zu müssen. Barack Obama hatte 2013 nicht den Mut, Assad zu stoppen, als es wohl noch möglich war. Donald Trump, sein Nachfolger, hat kein Interesse mehr daran. Aber damit droht genau das, was niemand will: eine Ausweitung des Krieges. BERICHT VIELE OPFER BEI GIFTGASANG­RIFF . . ., TITELSEITE

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