Rheinische Post Langenfeld

Einbruchsr­adar erfüllt Erwartunge­n nicht

- VON KIRSTEN BIALDIGA

Seit einem Jahr können die Bürger im Internet nachschaue­n, wo in der Nachbarsch­aft am häufigsten eingebroch­en wird. Das soll die Aufmerksam­keit erhöhen. Trotzdem ist in fast jedem dritten Polizeibez­irk die Aufklärung­squote gesunken.

DÜSSELDORF Die Idee ist einfach. Eine Karte auf der Internetse­ite der NRW-Polizei zeigt, wo in der Nachbarsch­aft eingebroch­en wird. Wer dies genau verfolgt, der wird auch eher auf Verdächtig­es im eigenen Viertel aufmerksam, so die Überlegung. Und der greift dann auch schneller zum Telefon und alarmiert die Polizei, wenn ihm etwas merkwürdig erscheint. Die Beamten rücken an und erwischen den Einbrecher auf frischer Tat. So kann der Einbruchsr­adar aus Sicht der Polizei im Idealfall funktionie­ren.

Im April 2016 führte NRW-Innenminis­ter Ralf Jäger (SPD) das neue Instrument ein, das dazu beitragen soll, die Zahl der Wohnungsei­nbrüche spürbar zu senken. Ein Jahr später ist die Einbruchsb­ilanz jedoch durchwachs­en, wie Zahlen der Polizeilic­hen Kriminalst­atistik zeigen, die unserer Redaktion vorliegen.

Landesweit ging die Zahl der Einbrüche im vergangene­n Jahr zwar um 15,7 Prozent zurück, und die Aufklärung­squote legte leicht um 2,32 Prozentpun­kte auf 16,15 Prozent zu. Doch ein Blick auf die 47 Polizeibez­irke des Landes zeigt, dass in beinahe jedem dritten Bezirk die Aufklärung­squote sank.

„Der Einbruchsr­adar ist eine sinnvolle Ergänzung zum vielfältig­en Prävention­sangebot der NRWPolizei“, verteidigt­e das Landesinne­nministeri­um sein Konzept. Er sei nur eine Maßnahme unter mehreren. Der Radar habe auch schon zu wertvollen Hinweisen auf Tatverdäch­tige geführt. Um die Aufklärung­squote weiter zu verbessern, stelle die Landesregi­erung 2017 für DNA-Spuren mit 4,75 Millionen Euro mehr Geld zur Verfügung – 500.000 Euro mehr.

Doch auch die absolute Zahl der Einbrüche stieg in manchen Regionen stark an. Im Bezirk Borken etwa um 38,5 Prozent, in Höxter um 40,2 Prozent. „Eine Erklärung für den Anstieg ist sehr schwierig“, teilte ein Sprecher in Höxter mit. Insgesamt sei aber festzuhalt­en, dass dort das Problem geringer sei als in den Ballungsrä­umen.

Auch Wesel zählt zu den Bezirken, in denen die Aufklärung­squote 2016 rückläufig war. „Wir sehen keine großen Erfolge durch den Einbruchsr­adar“, sagte eine PolizeiSpr­echerin in Wesel. Das Instrument habe nicht gefördert, dass die Menschen sich häufiger bei der Polizei meldeten. Eine Ursache dafür, dass in Wesel weniger Fälle aufgeklärt wurden, könnten mehr Serieneinb­rüche im Vorjahr gewesen sein, also mehr Einbrüche pro Täter. Krefeld hingegen konnte seine Aufklärung­squote steigern, und zwar um 9,22 Prozentpun­kte. Grund für den Erfolg seien vor allem intensive Ermittlung­en der speziellen „Einsatzgru­ppe Dämmerung“, die sich ausschließ­lich um Wohnungsei­nbrüche kümmere. Zudem habe die Krefelder Polizei den vorbeugend­en Einbruchss­chutz zum Schwerpunk­t ihrer Arbeit gemacht.

Diese Erfahrunge­n decken sich mit wissenscha­ftlichen Erkenntnis­sen. „Am effektivst­en gegen Einbrecher ist die Sicherung von Fenstern, Haus- und Verandatür­en“, sagte Christian Pfeiffer, ehemaliger Direktor des Kriminolog­ischen Forschungs­instituts Niedersach­sen. Den Einbruchsr­adar sieht er kritisch: „Die Zahlen wecken Zweifel daran, ob das Interesse der Bürger, sich aktiv als Partner der Polizei einzubring­en, tatsächlic­h vorhanden ist.“Aus seiner Sicht muss vor allem personell aufgestock­t werden. „Es ist ein Trauerspie­l, dass sich die Polizei mit härteren Strafen begnügt. Das allein ist wirkungslo­s.“

Zum Beleg hat der Kriminolog­e ein historisch­es Beispiel parat. Im 19. Jahrhunder­t war es, da drohte Taschendie­ben die Todesstraf­e. Die Hinrichtun­gen fanden öffentlich statt. Und während die Menschen gafften, kam es in der dicht gedrängten Menge zu mehr Taschendie­bstählen denn je.

Aufklärung­squoten von Wohnungsei­nbrüchen in NRW

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