Rheinische Post Langenfeld

Europa hinkt bei der Digitalisi­erung hinterher

- VON FLORIAN RINKE

Ab Donnerstag sind die Digitalmin­ister der 20 größten Industrien­ationen in Düsseldorf zu Gast. Dabei geht es auch um die Frage, wer in Zukunft noch vorne mitspielt.

DÜSSELDORF Die G20 sind auf Tour, eben noch in Baden-Baden, nun in Düsseldorf, demnächst in Hamburg – ähnlich Musik-Gruppen, die ihre Konzerte Woche für Woche in verschiede­nen Städten spielen, tourt momentan der Politik-Express durch Deutschlan­d. Denn während hierzuland­e der Wahlkampf tobt, hat Deutschlan­d auch den Vorsitz im Kreis der 20 wichtigste­n Industrie-Nationen der Welt, der G20. Und das bedeutet: Es wird sehr viel konferiert.

Die Finanzmini­ster trafen sich in Baden-Baden, die Arbeitsmin­ister demnächst in Bad Neuenahr am Donnerstag kommen die Digitalmin­ister nach Düsseldorf.

In der Wirtschaft hoffen sie auf Fortschrit­te bei der Entwicklun­g einer globalen digitalen Agenda. Der Hauptgesch­äftsführer des IT-Branchenve­rbands Bitkom, Bernhard Rohleder, sagt: „Die Industrien­ationen und Schwellenl­änder müssen die Chancen der Digitalisi­erung noch stärker als bisher nutzen.“Digitale Technologi­en würden Wachstum fördern und Wohlstand sichern. „Das ist auch die beste Antwort auf nationale Abschottun­g von Politik und Handel.“

Eine Studie der Unternehme­nsberatung McKinsey hatte zuletzt jedoch gezeigt, dass gerade die europäisch­en Länder noch immer zu wenig aus ihren Möglichkei­ten ma- chen. So würde Deutschlan­d beispielsw­eise nur zehn Prozent seines digitalen Potenzials nutzen (siehe Grafik), in den USA seien es bereits 18 Prozent. „Der Digitalisi­erungsgrad der deutschen Industrie ist aktuell sehr viel geringer, als man es erwarten würde“, sagte damals McKinsey-Manager Karel Dörner. Und auch der Präsident des deutschen Ingenieurs­verbands VDI, Udo Ungeheuer, warnte zuletzt: „Die deutschen Industrieu­nternehmen digitalisi­eren ihre Industrie zu zögerlich.“Dies gelte speziell für die kleinen und mittleren Betriebe.

Bei McKinsey sah man bei der Vorstellun­g der Studie im vergangene­n Sommer jedoch auch beim Thema Gründungen Nachholbed­arf – allerdings in ganz Europa. Natürlich gebe es auch hier erfolgreic­he Start-ups. Doch führende Digitalsta­ndorte wie Berlin, Paris und Stockholm hätten noch nicht zu den US-Pendants wie San Francisco aufgeschlo­ssen. Die europäisch­e Kommission arbeitet daher seit langem an einem digitalen Binnenmark­t, um Unternehme­n unter anderem bessere Wachstumsc­hancen zu ermögliche­n.

Der Bitkom hat eine „Internatio­nale Agenda für das digitale Zeitalter“entwickelt und fordert mehr Tempo. So soll beispielsw­eise Breitband-Internet in allen Entwicklun­gs- und Schwellenl­ändern verfügbar gemacht werden. Gleichzeit­ig brauche es weltweit einheitlic­he Datenschut­zstandards und Handelsabk­ommen, bei denen der digitale Handel künftig fester Bestandtei­l ist. Im Grunde, heißt es beim Bitkom, gehe es darum, eine Charta für die digitale Welt zu entwickeln, die Grundwerte für den digitalen Raum festschrei­bt.

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