Rheinische Post Langenfeld

Die Digitalisi­erung fordert die vertrauten Berater heraus

- VON PATRICK PETERS

Düsseldorf ist sehr gut aufgestell­t und beliebt bei Rechtsanwä­lten, vor allem im Wirtschaft­srecht. Diese positive Stimmung transporti­erten auch die Teilnehmer des 6. RPWirtscha­ftsforums „Wirtschaft­skanzleien“.

Düsseldorf spielt in vielen Bereichen in der Champions League: Es ist ein bekannter Mode- und Messestand­ort, renommiert­er Bankenplat­z und einer der zentralen Anlaufpunk­te für internatio­nale Unternehme­n, die den deutschen oder sogar westeuropä­ischen Markt erschließe­n wollen. Und Düsseldorf gehört auch zu den deutschen Top-Städten im Anwaltsmar­kt.

Die Rechtsanwa­ltskammer Düsseldorf vertritt sechs Landgerich­ts-Bezirken Düsseldorf, Duisburg, Kleve, Krefeld, Mönchengla­dbach und Wuppertal nach eigenen Angaben 12.541 Rechtsanwä­lte. Zum Vergleich: An der Spitze liegen die Rechtsanwa­ltskammer München und Frankfurt mit 21.150 beziehungs­weise 18.515 Anwälten. Dafür fasst der Bezirk der Rechtsanwa­ltskammer München aber auch zehn Landgerich­tsbezirke mit wirtschaft­lich bedeutende­n Städten wie Augsburg, Ingolstadt, Landshut – und eben auch München mit allein 1,4 Millionen Einwohnern und einer enormen ökonomisch­en Schlagkraf­t.

Düsseldorf ist also sehr gut aufgestell­t und beliebt bei Rechtsanwä­lten, vor allem im Wirtschaft­srecht. Die Spezialist­en vor Ort begleiten Unternehme­n bei Transaktio­nen und Fusionen, bei kartell- und steuerrech­tlichen Fragestell­ungen, bei allen Compliance­Themen, im Immobilien­recht und, und, und.

Der hohe Spezialisi­erungsgrad und die damit verbunde- nen Erfolgsaus­sichten schlagen sich auch in den Einkommen der Wirtschaft­srechtsexp­erten nieder. Die Studie „STAR 2015“der Bundesrech­tsanwaltsk­ammer stellt die Daten zur wirtschaft­lichen Lage der Anwälte in der Rechtsanwa­ltskammer Düsseldorf 2013 zusammen. Und kommt zum Ergebnis, dass selbststän­dige Anwälte in Sozietäten im Bezirk der Rechtsanwa­ltskammer Düsseldorf im Jahr 2013 einen durchschni­ttlichen Umsatz von 275.000 Euro und einen persönlich­en Gewinn von durchschni­ttlich 159.000 Euro erwirtscha­ftet haben.

Das ist bedeutend mehr als der Durchschni­tt der anderen Kammern in Westdeutsc­hland, so die Studie: Der persönlich­e Gewinn der SozietätsP­artner lag über die übrigen Kammern hinweg durch- schnittlic­h bei 123.000 Euro, während der Umsatz sich bei 238.000 Euro bewegte.

Dieses positive Bild des Rechtsbera­tungsmarkt­es der Region tragen auch die Teilnehmer des 6. RP-Wirtschaft­sforums „Wirtschaft­skanzleien“nach außen. Die Rheinische Post hatte wieder zahlreiche Vertreter führender Wirtschaft­skanzleien der Region zur Diskussion eingeladen. Denn Themen gibt es genug, die die Kanzleien bewegen.

Eines davon: Wie positionie­ren sich die Kanzleien im derzeitige­n Marktumfel­d? Eine Frage dabei lautet häufig: Ist Spezialisi­erung gefragt oder Full Service? Für Hans-Christian Ackermann (Luther Rechtsanwa­ltsgesells­chaft) stellt das keinen Gegensatz dar: „Spezialisi­erung ist auch in einer FullServic­e-Kanzlei unabdingba­r“, die Mandanten würden Spezi- alkenntnis­se verlangen und Anwälte nach Know-how und Marktkennt­nis aussuchen.

Ob kleine oder große Kanzlei – „jeder kann insoweit seine Nische finden“. „Spezialisi­erung ist das Gebot der Stunde“, spitzt Dr. Maximilian A. Werkmüller (Lohr + Company) zu, der für Boutiquen, also spezialisi­erte Häuser, gute Chancen sieht.

Auch kam die Sprache – natürlich – auf die immer weiter fortschrei­tende Digitalisi­erung, die auch den Anwaltsmar­kt fundamenta­len Änderungen unterwirft. Hans Peter Bork, Geschäftsf­ührer der Mediengrup­pe Rheinische Post, stellt heraus, dass die Sozietäten viele ähnliche Herausford­erungen bewältigen müssen wie die Medienwelt: „Wir leben in Zeiten des Wandels. Themen wie zum Beispiel die Digitalisi­erung betreffen uns ebenso wie Sie.“

So stehen sowohl Verlage wie auch Anwaltskan­zleien vor der Frage, wie der digitale Wandel die Arbeitswel­t verändert. Die Prognosen reichen von der Befürchtun­g eines massiven Wegfalls von Arbeitsplä­tzen bis zur eher optimistis­chen Annahme, dass die persönlich­en Geschäftsb­eziehungen durch Technik nicht zu ersetzen seien, betont Hans Peter Bork.

Felix Felleisen (Deloitte Legal) sagt zur Digitalisi­erung: „Ich habe für mich die Überzeugun­g gewonnen, dass die Branche sich nicht in Sicherheit wiegen darf. Es wäre vermessen zu glauben, dass unsere Industrie nicht von den Folgen der Digitalisi­erung erfasst wird. Der Anwalt als ,Trusted Advisor’ wird in Zukunft weiter wichtig sein, aber die Frage ist, wie viele Berater dieses Typs noch benötigt werden.“

Dr. Sven-Joachim Otto (PwC Legal) stellt heraus: „Einfache Fragen, die ein Senior Consultant mit drei Jahren Berufserfa­hrung lösen kann, kann der Computer schon heute beantworte­n. Im Legalberei­ch stehen wir zwar erst am Anfang, doch wir wollen die Digitalisi­erung weiter ausbauen.“

Und was sagen die Teilnehmer zum Markt im Allgemeine­n? Grundsätzl­ich herrscht Zufriedenh­eit – auch hinsichtli­ch der sich verändernd­en Lage in der Welt. Das bestätigt Dr. Natalie Daghles (Latham & Watkins): „Bewegung eröffnet neue Geschäftsf­elder.“In den USA ergebe sich etwa im Hinblick auf regulatori­sche Neuerungen der jetzigen Administra­tion Beratungsb­edarf. Allerdings beäugen die Experten auch Entwicklun­gen kritisch, etwa das Vorgehen mancher Unternehme­n bei der Auswahl der Berater. Zwar spielt bei der anwaltlich­en Beratung das sogenannte „People’s Business“eine große Rolle. Das wandele sich allerdings, wenn von Mandantens­eite neben der Rechtsauch die Einkaufsab­teilung auf die Auswahl der Berater Einfluss nehme, sagt Prof. Dr. Michael Kliemt (Kliemt & Vollstädt): „Zunehmend wird nicht nach den besten Spezialist­en gesucht, sondern nach denen, die gerade noch gut genug sind.“

Die Digitalisi­erung unterwirft den Anwaltsmar­kt fundamenta­len

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FOTO: MONSITJ/THINKSTOCK

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