Die Digitalisierung fordert die vertrauten Berater heraus
Düsseldorf ist sehr gut aufgestellt und beliebt bei Rechtsanwälten, vor allem im Wirtschaftsrecht. Diese positive Stimmung transportierten auch die Teilnehmer des 6. RPWirtschaftsforums „Wirtschaftskanzleien“.
Düsseldorf spielt in vielen Bereichen in der Champions League: Es ist ein bekannter Mode- und Messestandort, renommierter Bankenplatz und einer der zentralen Anlaufpunkte für internationale Unternehmen, die den deutschen oder sogar westeuropäischen Markt erschließen wollen. Und Düsseldorf gehört auch zu den deutschen Top-Städten im Anwaltsmarkt.
Die Rechtsanwaltskammer Düsseldorf vertritt sechs Landgerichts-Bezirken Düsseldorf, Duisburg, Kleve, Krefeld, Mönchengladbach und Wuppertal nach eigenen Angaben 12.541 Rechtsanwälte. Zum Vergleich: An der Spitze liegen die Rechtsanwaltskammer München und Frankfurt mit 21.150 beziehungsweise 18.515 Anwälten. Dafür fasst der Bezirk der Rechtsanwaltskammer München aber auch zehn Landgerichtsbezirke mit wirtschaftlich bedeutenden Städten wie Augsburg, Ingolstadt, Landshut – und eben auch München mit allein 1,4 Millionen Einwohnern und einer enormen ökonomischen Schlagkraft.
Düsseldorf ist also sehr gut aufgestellt und beliebt bei Rechtsanwälten, vor allem im Wirtschaftsrecht. Die Spezialisten vor Ort begleiten Unternehmen bei Transaktionen und Fusionen, bei kartell- und steuerrechtlichen Fragestellungen, bei allen ComplianceThemen, im Immobilienrecht und, und, und.
Der hohe Spezialisierungsgrad und die damit verbunde- nen Erfolgsaussichten schlagen sich auch in den Einkommen der Wirtschaftsrechtsexperten nieder. Die Studie „STAR 2015“der Bundesrechtsanwaltskammer stellt die Daten zur wirtschaftlichen Lage der Anwälte in der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf 2013 zusammen. Und kommt zum Ergebnis, dass selbstständige Anwälte in Sozietäten im Bezirk der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf im Jahr 2013 einen durchschnittlichen Umsatz von 275.000 Euro und einen persönlichen Gewinn von durchschnittlich 159.000 Euro erwirtschaftet haben.
Das ist bedeutend mehr als der Durchschnitt der anderen Kammern in Westdeutschland, so die Studie: Der persönliche Gewinn der SozietätsPartner lag über die übrigen Kammern hinweg durch- schnittlich bei 123.000 Euro, während der Umsatz sich bei 238.000 Euro bewegte.
Dieses positive Bild des Rechtsberatungsmarktes der Region tragen auch die Teilnehmer des 6. RP-Wirtschaftsforums „Wirtschaftskanzleien“nach außen. Die Rheinische Post hatte wieder zahlreiche Vertreter führender Wirtschaftskanzleien der Region zur Diskussion eingeladen. Denn Themen gibt es genug, die die Kanzleien bewegen.
Eines davon: Wie positionieren sich die Kanzleien im derzeitigen Marktumfeld? Eine Frage dabei lautet häufig: Ist Spezialisierung gefragt oder Full Service? Für Hans-Christian Ackermann (Luther Rechtsanwaltsgesellschaft) stellt das keinen Gegensatz dar: „Spezialisierung ist auch in einer FullService-Kanzlei unabdingbar“, die Mandanten würden Spezi- alkenntnisse verlangen und Anwälte nach Know-how und Marktkenntnis aussuchen.
Ob kleine oder große Kanzlei – „jeder kann insoweit seine Nische finden“. „Spezialisierung ist das Gebot der Stunde“, spitzt Dr. Maximilian A. Werkmüller (Lohr + Company) zu, der für Boutiquen, also spezialisierte Häuser, gute Chancen sieht.
Auch kam die Sprache – natürlich – auf die immer weiter fortschreitende Digitalisierung, die auch den Anwaltsmarkt fundamentalen Änderungen unterwirft. Hans Peter Bork, Geschäftsführer der Mediengruppe Rheinische Post, stellt heraus, dass die Sozietäten viele ähnliche Herausforderungen bewältigen müssen wie die Medienwelt: „Wir leben in Zeiten des Wandels. Themen wie zum Beispiel die Digitalisierung betreffen uns ebenso wie Sie.“
So stehen sowohl Verlage wie auch Anwaltskanzleien vor der Frage, wie der digitale Wandel die Arbeitswelt verändert. Die Prognosen reichen von der Befürchtung eines massiven Wegfalls von Arbeitsplätzen bis zur eher optimistischen Annahme, dass die persönlichen Geschäftsbeziehungen durch Technik nicht zu ersetzen seien, betont Hans Peter Bork.
Felix Felleisen (Deloitte Legal) sagt zur Digitalisierung: „Ich habe für mich die Überzeugung gewonnen, dass die Branche sich nicht in Sicherheit wiegen darf. Es wäre vermessen zu glauben, dass unsere Industrie nicht von den Folgen der Digitalisierung erfasst wird. Der Anwalt als ,Trusted Advisor’ wird in Zukunft weiter wichtig sein, aber die Frage ist, wie viele Berater dieses Typs noch benötigt werden.“
Dr. Sven-Joachim Otto (PwC Legal) stellt heraus: „Einfache Fragen, die ein Senior Consultant mit drei Jahren Berufserfahrung lösen kann, kann der Computer schon heute beantworten. Im Legalbereich stehen wir zwar erst am Anfang, doch wir wollen die Digitalisierung weiter ausbauen.“
Und was sagen die Teilnehmer zum Markt im Allgemeinen? Grundsätzlich herrscht Zufriedenheit – auch hinsichtlich der sich verändernden Lage in der Welt. Das bestätigt Dr. Natalie Daghles (Latham & Watkins): „Bewegung eröffnet neue Geschäftsfelder.“In den USA ergebe sich etwa im Hinblick auf regulatorische Neuerungen der jetzigen Administration Beratungsbedarf. Allerdings beäugen die Experten auch Entwicklungen kritisch, etwa das Vorgehen mancher Unternehmen bei der Auswahl der Berater. Zwar spielt bei der anwaltlichen Beratung das sogenannte „People’s Business“eine große Rolle. Das wandele sich allerdings, wenn von Mandantenseite neben der Rechtsauch die Einkaufsabteilung auf die Auswahl der Berater Einfluss nehme, sagt Prof. Dr. Michael Kliemt (Kliemt & Vollstädt): „Zunehmend wird nicht nach den besten Spezialisten gesucht, sondern nach denen, die gerade noch gut genug sind.“
Die Digitalisierung unterwirft den Anwaltsmarkt fundamentalen
Änderungen