Türkei verbittet sich Kritik der EU
Die Wahlkommission lehnt den Antrag auf Annullierung des Referendums ab.
ISTANBUL (RP) Nach dem knappen Wahlsieg von Präsident Recep Tayyip Erdogan beim Verfassungsreferendum in der Türkei eskaliert der Streit um Manipulationsvorwürfe. Der türkische Außenminister Mevlüt Çavusoglu sagte an die Adresse der Wahlbeobachter: „Ihr könnt nicht in die Türkei kommen und euch in ihre Politik einmischen.“Die Bundesregierung warnte dennoch, die Bedenken abzutun. Ankara sei „gut beraten, das ernst zu nehmen“, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes.
Ungeachtet der Vorwürfe wies die türkische Wahlkommission gestern den Antrag der Opposition auf Annullierung des Referendums zurück. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete, zehn Mitglieder der Kommission hätten gegen den Antrag der größten Opposi- tionspartei CHP gestimmt, einer dafür. Im Zentrum der Kritik stand die während der laufenden Abstimmung getroffene Entscheidung der Wahlkommission, auch nicht von
Mevlüt Çavusoglu ihr gestempelte Stimmzettel als gültig zu werten.
Erdogan selbst wies Anschuldigungen zurück, er führe sein Land in eine Diktatur. Solche Behauptungen seien „eine große Respektlosigkeit gegenüber denjenigen, die an der Wahlurne ihre Wahl treffen“, sagte Erdogan dem Sender CNN.
Führende CDU-Politiker sprachen sich für finanzielle Konsequenzen aus. Der Chef des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen, forderte die EU auf, ihre Unterstützung für die Türkei im Zuge der Beitrittsverhandlungen zu stoppen. „Die milliardenschwere Heranführungshilfe ist obsolet“, sagte Röttgen. Sie sei „ein Argument mehr, die Beitrittsverhandlungen zu beenden, denn sie ist an das Weiterbestehen der Verhandlungen angebunden“. Er forderte einen Neuanfang in den Beziehungen zur Türkei „jenseits der Fiktion EU-Beitritt“. Auch der Chef des Europa-Ausschusses, Gunther Krichbaum, sagte: „Die EU sollte sich nicht mehr selber in die Tasche lügen und die Beitrittsgespräche und die Heranführungshilfe beenden.“Politik
„Ihr könnt nicht in die Türkei kommen und euch einmischen“
Türkischer Außenminister