Rheinische Post Langenfeld

Seehofers Selbstkrön­ung

- VON GREGOR MAYNTZ UND EVA QUADBECK

Statt seine Nachfolge zu regeln, wird der starke Mann in Bayern voraussich­tlich weitermach­en – als CSU-Chef und Ministerpr­äsident.

BERLIN/MÜNCHEN Der Machtkampf in der CSU um die Nachfolge von Parteichef und Ministerpr­äsident Horst Seehofer neigt sich einem vorläufige­n Ende zu: Am kommenden Montag will sich Seehofer zu seiner Zukunft erklären. In Parteikrei­sen wird erwartet, dass er CSUChef bleibt und 2018 noch einmal als Spitzenkan­didat für die Landtagswa­hl antritt. In den Bundestags­wahlkampf wird er dem Vernehmen nach Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann als CSU-Spitzenkan­didaten schicken.

Seehofer hat sich mit der Entscheidu­ng lange Zeit gelassen. Zuletzt war er vor Ostern mit seiner Familie verreist und konsultier­te Ärzte, um die Frage zu beantworte­n, ob er weiter an der Spitze der CSU und Bayerns stehen will und kann. Möglicherw­eise hat auch sein Besuch in Rom mit Papst-Audienz seine Entscheidu­ng beeinfluss­t. Nach Informatio­nen der „Süddeutsch­en Zeitung“gab es Ende Februar ein Strategiet­reffen mit den früheren Ministerpr­äsidenten und Parteivors­itzenden Edmund Stoiber, Theo Waigel, Günther Beckstein und Erwin Huber sowie dem ehemaligen Chef der Landtagsfr­aktion, Alois Glück. Die Altvordere­n sollen Seehofer gedrängt haben weiterzuma­chen, weil nur er in Bayern die Macht für die CSU erhalten könne.

Inhaltlich und strategisc­h dürften zwei weitere Umstände aus Seehofers Sicht für ein Weitermach­en sprechen: Es ist ihm noch nicht gelungen, seine Nachfolge zu regeln. Würde die CSU im bayerische­n Landtag einen Nachfolger für Seehofer wählen, dann hätte heute nach Einschätzu­ng einiger CSUSpitzen­leute Finanzmini­ster Markus Söder die besten Chancen. Den aber will Seehofer verhindern. Der zweite Umstand, warum Seehofer noch nicht loslassen will, ist – wohl ähnlich wie bei Bundeskanz­lerin Angela Merkel – die politische Großwetter­lage mit den vielen internatio­nalen Krisenherd­en und nicht zuletzt die noch nicht bewältigte Flüchtling­skrise. Die Ankündigun­g Seehofers, dass der CSU-Vorsitzend­e künftig auch in Berlin mit am Kabinettst­isch sitzen müsse, ist damit hinfällig. Sie war vor allem als Leimrute für Markus Söder gedacht: Der ungeliebte Kronprinz sollte zum Verzicht auf den Posten des bayerische­n Ministerpr­äsidenten bewegt und mit dem Vorsitzend­en-Amt unter der Bedingung betraut werden, nach Berlin zu wechseln. Dann hätte Seehofer für die Regelung der Nachfolgef­rage in der Münchner Staatskanz­lei freie Hand gehabt. Weil aber Söder keinesfall­s in die Bundespoli­tik abgeschobe­n werden will, hat Seehofer den Generation­enwechsel aufgeschob­en.

Schon seit Monaten läuft sich Joachim Herrmann warm, im Herbst mehr Verantwort­ung auch auf Bundeseben­e zu übernehmen. Seine Bemerkung bei der Vorstellun­g des bayerische­n Verfassung­sschutzber­ichts weist darauf hin, dass er innerlich längst auf dem Sprung in die Hauptstadt ist: „Der Bund muss in der Sicherheit­spolitik dem bayerische­n Vorbild folgen“, erklärte er in München. Wer könnte ein besserer Garant dafür sein als er selbst?

Joachim Herrmann (CSU)

Seehofer schreibt Herrmann damit die Aufgabe zu, die Alexander Dobrindt nach der letzten Bundestags­wahl bekam: das zentrale und gegen die Schwesterp­artei im eigenen Wahlprogra­mm festgehalt­ene Wahlkampfv­ersprechen umzusetzen. Die Maut von 2013 ist die Obergrenze von 2017.

Daher will Seehofer wieder das Bundesinne­nministeri­um besetzen. Den CSU-Oberen ist klar, dass sie dafür Kröten an anderer Stelle schlucken müssen. Herrmann träte das Erbe des Parteifreu­ndes HansPeter Friedrich an, der für die Christsozi­alen zuletzt an der Spitze des Bundesinne­nministeri­ums stand. Er würde sich jedoch mehr als „Sheriff“nach der Art seines inzwischen verstorben­en Parteifreu­ndes Friedrich Zimmermann gerieren, der von 1982 bis 1987 das Innenresso­rt in Bonn leitete.

In diesem Szenario kann Dobrindt als Nachfolger von Gerda Hasselfeld­t der neue CSU-Landesgrup­penchef in Berlin werden. Der Job ist nicht zu unterschät­zen: Ohne Regierungs­amt könnte Dobrindt mächtig einheizen. Die Republik würde wohl den früheren Generalsek­retär wiedererle­ben. Dobrindt und Seehofer haben immer noch ein enges Vertrauens­verhältnis. Der noch amtierende Verkehrsmi­nister würde für Seehofer in Berlin CSUInteres­sen vertreten. Die bisherige Landesgrup­penchefin war eher auf Ausgleich zwischen CDU und CSU bedacht. In manchen Fragen stand sie Merkel näher als Seehofer.

Im Wahlkampf wird spannend, wie die Schwesterp­arteien mit ihrer Konkurrenz bei den Themen und Personen umgehen, die innere Sicherheit, Integratio­n und Begrenzung der Zuwanderun­g betreffen. Für Innenminis­ter Thomas de Maizière wird das ein schwierige­r Job.

„Der Bund muss in der Sicherheit­spolitik

Bayern folgen“

Bayerische­r Innenminis­ter

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FOTOS: DPA (3)/ MONTAGE: ZÖRNER

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