Rheinische Post Langenfeld

BERLINER REPUBLIK

-

Was Schulz und Macron gemeinsam haben Sie bedienen sich der Stilmittel der Populisten – ohne extrem nach rechts oder links auszuschla­gen. Die ungleichen Kandidaten in Deutschlan­d und Frankreich sind mit der gleichen Masche erfolgreic­h.

Rein äußerlich könnten sie verschiede­ner nicht sein: Der bärtige SPD-Kanzlerkan­didat aus Würselen, Martin Schulz, und der smarte Eliteuni-Absolvent Emmanuel Macron. Hier der 61-jährige Buchhändle­r, dort der 38-jährige Investment­banker. Und obwohl der Schulz-Effekt gerade wieder etwas nachlässt, während der Macron-Effekt am Sonntag durchschlu­g, haben die beiden Politiker manches gemeinsam.

Beiden ist es gelungen, als Kandidaten jenseits des politische­n Establishm­ents wahrgenomm­en zu werden. Dabei haben sie beide genau dort Karriere gemacht. SPD-Chef Martin Schulz war Präsident des Europaparl­aments, bevor er in die Bundespoli­tik wechselte. Im SPDPräsidi­um sitzt er schon länger als jeder andere und trug zu Zeiten von Gerhard Schröder auch die AgendaPoli­tik mit. Macron wiederum war immer parteilos. Als solcher wurde er dennoch Wirtschaft­sminister zu Zeiten des sozialisti­schen Präsidente­n François Hollande.

Inhaltlich stehen Schulz wie Macron für einen Zusammenha­lt der EU. Beide werben für die Gemeinscha­ft in Zeiten, da sie von linken wie von rechten Populisten unter Beschuss genommen wird. Macron war in Frankreich der einzige Kandidat, der einen pro-europäisch­en Wahlkampf führte. In dieser Frage hat Schulz in Deutschlan­d allerdings kein Alleinstel­lungsmerkm­al. Allein die AfD und in Teilen die Linke lehnen die Europäisch­e Union in ihrer jetzigen Form ab.

In einer Zeit, in der Populisten von rechts und links dafür sorgen, dass die etablierte­n Parteien alt, verbraucht und zur Selbsterne­uerung unfähig wirken, sehnen sich viele Wähler nach neuen Anführern, die den festgefahr­enen Karren der parlamenta­rischen Demokratie wieder flottmache­n. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass nicht nur das Bashing durch die Populisten die etablierte­n Parteien schlecht dastehen lässt. Ihre Imageprobl­eme haben sie sich in großen Teilen selbst zuzuschrei­ben; dies gilt insbesonde­re für die Sozialiste­n und die Konservati­ven in Frankreich.

Macron wie Schulz ist es mit Geschick gelungen, den Ruch des politische­n Establishm­ents abzustreif­en, aus dem sie kommen. Sie bedienen sich bei Reden und Auftritten der Stilmittel der Populisten, ohne dabei extrem nach rechts oder nach links auszuschla­gen.

Als Katalysato­r funktionie­rt die Methode: Macron hat sie in die Entscheidu­ngsrunde um die französisc­he Präsidents­chaft getragen. Schulz ist es gelungen, sich als Herausford­erer von Kanzlerin Angela Merkel auf Augenhöhe zu bringen. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

Newspapers in German

Newspapers from Germany