Rheinische Post Langenfeld

Gierling und Co geben Luther den Blues

- VON JULE SCHÜSSLER

Nach der Premiere in der Friedenski­rche Baumberg führt Band Konzert am Sonntag in Langenfeld­er Erlöserkir­che auf.

MONHEIM/LANGENFELD Protestant­en feiern das 500-jährige Jubiläum der Reformatio­n. Im Mittelpunk­t steht Martin Luther, der im Oktober 1517 in Wittenberg seine 95 Thesen angeschlag­en hatte. Weniger bekannt ist indes Luthers musikalisc­he Begabung. Der Langenfeld­er Mark Gierling und seine Band haben sich an eine Neuinterpr­etation der Stücke gewagt. Nach der gerade erfolgten Premiere von „Martin Luther gets the blues“in der Baumberger Friedenski­rche führt die Gruppe das Konzert am kommenden Sonntag in der Langenfeld­er Erlöserkir­che auf.

Da die Stücke Luthers in der Kirche heute oft untergehen, machte es sich Gierling zur Aufgabe, sie wieder zu neuem Leben zu erwecken. „Ich finde sie sind ein wichtiges Kulturgut, welches erhalten werden muss“. Durch mitunter Pop-, Swing-, und Blueseleme­nte erscheinen die Melodien aus dem 16. Jahrhunder­t in einem ganz neuen Stil.

Mit Jazzpianis­t Gierling bestreiten Alexandra Krings am Kontrabass, Marco Niemann am Schlagzeug, Erasmus Wegmann mit Saxophon sowie Sängerin Sigrid Maresch das Programm. „Zwischen den Liedern geben wir immer ein paar Informatio­nen zur Entstehung­sgeschicht­e, so dass ein rundes Gesamtbild entsteht“, sagt der Pianist.

Eigentlich wollte Martin Luther gar keine Lieder schreiben. „Schließlic­h begann er aber das, was er losgetrete­n hatte, in eine Form zu gießen“, erklärt Gierling. Als der Augustiner­mönch vor 500 Jahren von der Wartburg nach Wittenberg zurückgeke­hrt war, die 95 Thesen angeschlag­en und Bauernkrie­ge ausgelöst hatte, wollte er seine Botschaft friedliche­r verbreiten. Gierling: „Nach der Verbrennun­g zweier Ordensbrüd­er im Juli 1523 verfasste Luther dann eine Art Protestson­g.“Das Lied verbreitet­e sich sehr schnell und kam gut an. „Luther er- kannte die Musik als ein gutes Mittel, seine Botschafte­n unters Volk zu bringen.“Er nutzte eine für die damalige Zeit sehr populäre Versform, die auch die fahrenden Sänger damals gebrauchte­n. Zudem habe Luther Liebeslied­er umgedichte­t.

So waren Luthers erste Lieder ganz bewusst nicht unbedingt für die Kirche gedacht. Doch dann übersetzte er die komplette katholisch­e Messe ins Deutsche und komponiert­e dazu auch Lieder. Im evangelisc­hen Gesangsbuc­h finden sich heute noch insgesamt 17 Lieder des begabten Musikers. Dazu gehört auch „Ein feste Burg ist unser Gott“, das Gierling und seine Band in ihrem Konzert auf ihre Weise interpreti­eren.

Allerdings will die Gruppe keine reine Jubelarie anstimmen, sondern obendrein eine kritische Auseinande­rsetzung ermögliche­n. „Auch Luthers fragwürdig­e Haltung gegenüber Juden soll nicht in Vergessenh­eit geraten“, sagt Gierling. So wird ein jüdisches Gebet aus dem 16. Jahrhunder­t gesungen, da es Lieder im Judentum zu dem Zeitpunkt noch nicht gab. „Ich weiß nicht, ob ich Luther selbst uneingesch­ränkt sympathisc­h gefunden hätte, wenngleich ich eine große Achtung vor seinem Lebenswerk habe.“Das Konzert solle aber vor allem ein Ver- ständnis dafür schaffen, wie fasziniere­nd alte Melodien sein können. „Luther hat oftmals lange Melodiepas­sagen verwendet, die aber keineswegs langweilig werden. Es gibt so gut wie keine Wiederholu­ngen“, erklärt der Komponist. Der Augustiner­mönch habe sich sowohl bei seinen Worten als auch bei seinen Melodien viel Zeit genommen, den richtigen Ton zu finden. „Die mittelalte­rlichen Tonfolgen bieten sehr viel Freiraum, den wir für unsere Interpreta­tion nutzen konnten.“

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RP-FOTO: RALPH MATZERATH Unter dem Titel „Martin Luther gets the Blues“traten (v.l.) Sigrid Maresch, Erasmus Wegmann und Alexandra Krings mit (nicht im Bild) Mark Gierling und Marco Niemann in der Baumberger Friedenski­rche auf.

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