Staatsanwalt fordert Überprüfung aller Gefährder
DÜSSELDORF (kib) Der Berliner Generalstaatsanwalt Ralf Rother hat weitere Versäumnisse der Behörden im Fall des Weihnachtsmarktattentäters Anis Amri offengelegt. Vor dem Untersuchungsausschuss des NRW-Landtags sagte Rother, die Berliner Polizei habe die Observation des Terroristen Mitte September 2016 vorzeitig eigenmächtig zu- rückgeführt oder ganz eingestellt. „Das wurde nicht mehr mit uns abgestimmt.“
Auf die Nachfrage eines Abgeordneten, ob die Polizei solche Entscheidungen im Alleingang treffen dürfe, erwiderte Rother, zwar liege es teils im Ermessen der Polizei, wie Observationen umgesetzt würden, aber die Staatsanwaltschaft müsse darüber in jedem Fall informiert werden. Warum dies nicht geschah, sei mit dem Berliner Polizeipräsidenten noch zu klären.
Der Amri-Ausschuss versucht zu ermitteln, wie es zu dem Attentat im Dezember in Berlin kommen konnte. Neben Fehlern innerhalb einzelner Behörden gab es bisherigen Erkenntnissen zufolge Defizite in der länderübergreifenden Zusammenarbeit. Auch aus Sicht von Rother gab es trotz zahlreicher kleinkrimineller Vergehen und monatelanger Beobachtung und Telefonüberwachung keine Handhabe, Amri zu inhaftieren. „Es wäre richtig gewesen, diese Verfahren zusammenzuführen“, räumte der Generalstaatsanwalt gestern ein. Als Konsequenz habe er in Berlin angeordnet, alle Gefährder noch einmal zu überprüfen und die Verfahren zu bündeln. Dies empfehle er für ganz Deutschland. Auf einer Tagung der Generalstaatsanwälte solle dies im nächsten Monat beschlossen werden. Zugleich kritisierte Rother, dass seiner Behörde die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes nicht vorlagen.