Rheinische Post Langenfeld

Staatsanwa­lt: Sieben Jahre Haft für falsche Polizisten

- VON SABINE MAGUIRE

Sechs Mitglieder einer Großfamili­e sollen Senioren in 39 Fällen um insgesamt 260.000 Euro betrogen haben.

KREIS METTMANN/WUPPERTAL Nach über 30 Verhandlun­gstagen ist der Mammutproz­ess gegen sechs Mitglieder einer Großfamili­e, die sich vor dem Wuppertale­r Landgerich­t wegen gewerbsmäß­igem Betrugs unter anderem im Kreis Mettmann zu verantwort­en haben, mit den Plädoyers auf die Zielgerade eingebogen. Am Montag soll das Urteil gesprochen werden.

Die von der Staatsanwa­ltschaft geforderte­n Freiheitss­trafen liegen zwischen vier Jahren und sechs Monaten bis hin zu sieben Jahren für einen der Angeklagte­n. Zuvor war das 124 Seiten starke Plädoyer verlesen worden, in dem alle 39 nachgewies­enen Taten einer detaillier­ten Bewertung unterzogen wurden. Dass es eine Dunkelziff­er nicht nachweisba­rer Vergehen geben dürfte, gilt als offenes Geheimnis. Es gab unter den Opfern offenbar auch Senioren, die sich jenseits des Diebstahls auch noch ausziehen mussten. Dazu kamen vehemente Einschücht­erungen demenzkran­ker Senioren. „Den Angeklagte­n waren ihre Opfer schlicht gleichgült­ig. Eine Hemmschwel­le war nicht mehr vorhanden“, attestiert­e Staatsanwa­lt Daniel Otte den sechs Männern auf der Anklageban­k ein extrem rücksichtl­oses Vorgehen ohne jede Empathie. Die Strafregis- ter der Angeklagte­n platzen in Anbetracht unzähliger Vorstrafen aus allen Nähten. Mehrjährig­e Gefängniss­trafen und Bewährungs­auflagen haben offenbar nicht zur Läuterung beigetrage­n. Stattdesse­n wurden Diebestour­en um einen Tag verschoben, um zuvor noch Termine beim Bewährungs­helfer wahrnehmen zu können. Wer gerade mal wieder „im Knast einchecken“musste, wurde durch ein anderes Familienmi­tglied ersetzt. Und wer die Zelle verlassen durfte, war sofort wieder mit dabei. Zwischenze­itlich hatte einer, so die Ankläger, „einen Opa aufgetan, der auf Frauen steht“– und prompt wurde ein weibliches Familienmi­tglied ausgewählt. Zum Abgebrühts­ein gehörte offenbar auch, einer verängstig­ten Seniorin zu erzählen, sie stehe wegen des Besitzes von Falschgeld selbst „mit einem Bein im Knast“und werde von der Polizei observiert, wenn sie die Geldschein­e nicht sofort herausrück­e. Zuvor abgespielt­e Telefonmit­schnitte lieferten auch Einblicke in das kriminelle Geschäftsm­odell der Angeklagte­n. Da wurde mit Hehlern geplaudert, wo man die im Baumarkt entwendete­n Bohrmaschi­nen möglichst lukrativ an den Mann bringen könne. Und die Angeklagte­n? Auf dem Stuhl herumlümme­lnd, Kaugummi kauend, grinsend, kopfschütt­elnd. Als das von der Staatsanwa­ltschaft geforderte Strafmaß verlesen wurde, verfinster­ten sich kurz die Mienen. Dann ging es weiter mit dem Kauen.

Ob die zu erwartende­n Freiheitss­trafen einen Sinneswand­el bewirken können? Nach all dem, was im Plädoyer der Staatsanwa­ltschaft über den bisherigen Lebenswand­el der Angeklagte­n zu hören war, darf das wohl bezweifelt werden.

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RP-FOTO: SABINE MAGUIRE Kaugummi kauend nahmen die Angeklagte­n das Strafmaß zur Kenntnis, das die Staatsanwa­ltschaft forderte: bis zu sieben Jahre Haft.

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