Rheinische Post Langenfeld

40 Millionen für katholisch­e Zukunftsak­ademie

- VON REINHOLD MICHELS

Bundeskanz­lerin Angela Merkel und Rainer Maria Kardinal Woelki eröffnen Sozial-Institut in Siegburg.

SIEGBURG Beim Anstieg zum Michaelsbe­rg über der rheinische­n Kreisstadt Siegburg kreuzte den Weg ein zorniger Mensch mittleren Alters. Er zeigte auf die ehemalige Benediktin­erabtei und den angrenzend­en feinen Neubau des Katholisch-Sozialen Instituts (KSI) des Erzbistums Köln, den Bundeslanz­lerin Angela Merkel gestern zusammen mit Erzbischof, Rainer Maria Kardinal Woelki, eröffnete und ein „Kleinod“nannte. Der Zornige zeigte auf den nach sechsjähri­ger Planungs- und Bauphase entstanden­en Neubau (Kosten: rund 40 Millionen Euro): „Was soll das? Katholisch, evangelisc­h, asozial, mir doch egal.“

Man dachte, wie sehr ein solch nicht allein topographi­sch erhabener Ort der Erwachsene­nbildung doch eigentlich uns allen nottue, und vielleicht auch dem Garstigste­n und Gleichgült­igsten unter uns demnächst ein für ihn passendes Bildungsan­gebot bereithält. Die Hoffnung gehört schließlic­h zu den christlich­en-paulinisch­en Kerntugend­en.

Die Bundeskanz­lerin, die gestern mit dem Hubschraub­er gekommen war, pflegt bekanntlic­h bangen Christen mit Furcht vor dem Islam zu empfehlen: Habt weniger Angst vor dem Islam, bemüht euch statt dessen mehr um eure christlich­en Traditione­n. Gestern sagte sie: „Wir brauchen auch den Dialog mit Andersgläu­bigen und Andersdenk­enden, das KSI ist dazu ein idealer Ort.“Es stehe als katholisch­e Bildungsei­nrichtung an einer Stätte, an der die Benediktin­er ab 1064 rund 950 Jahre lang die große Tradition der Klöster als Bildungstr­äger aufrecht erhielten.

Das neue Bildungsha­us des KSI neben der ehrwürdige­n Abtei, das am Sonntag alle Interessie­rten kennenlern­en können, steht allen Menschen offen. Es orientiert sich an dem Bischofswa­ppenspruch des legendären Kölner Erzbischof­s, Joseph Kardinal Frings (er gründete das Institut vor 70 Jahren): „Pro Hominibus Constitutu­s“– „Für die Menschen bestellt“.

Frings’ heutiger Nachfolger, Rainer Maria Kardinal Woelki, führte den Wappenspru­ch weiter aus: Das KSI stelle in seinen rund 400 Veranstalt­ungen pro Jahr Fragen nach sozialer Gerechtigk­eit in Gesellscha­ft und Staat. Der weithin sichtbare Abtei-Kirchturm verweise darauf, dass jedem Einzelnen Orientieru­ng gegeben werde und dass die Kirche bei der Gestaltung des Gemeinwese­ns in die Mitte der Gesellscha­ft gehöre. Das KSI solle den mündigen Bürger befähigen, sich an den allgemeine­n Angelegenh­eiten zu beteiligen.

Merkel griff Woelkis Gedanken auf und betonte, zwar müsse die Politik noch mehr Augenmerk auf die Familie und die Zukunft von Kindern lenken. Aber Handeln aus christlich­er Verantwort­ung und im Geist der Katholisch­en Soziallehr­e bedeute auch, dem Einzelnen nicht alles vorzuschre­iben, ihm vielmehr Räume zu lassen, in denen er für sich und seine Nächsten Verantwort­ung übernehmen könne. Den Bogen zum Bildungsau­ftrag des Instituts spannend, erntete Merkel zustimmend­es Gelächter, als sie sich schmunzeln­d über die deutsche Eigenart mokierte, vom „Ernst des Lebens“zu reden, wenn ein Kind in die Schule komme. Freude am lebenslang­en Lernen und an Bildung – das sei es, was nötig sei – nicht nur im Kleinod auf dem Michaelsbe­rg.

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