Rheinische Post Langenfeld

Ein ungewöhnli­ches Paar will an die Macht

- VON CHRISTINE LONGIN

Sollte Emmanuel Macron morgen zum französisc­hen Präsidente­n gewählt werden, verdankt er das auch seiner Frau Brigitte.

PARIS „Brigitte, Brigitte“, rufen Hunderte Anhänger in der Messehalle an der Pariser Porte de Versailles, nachdem Emmanuel Macron Hand in Hand mit seiner Frau die Bühne betreten hat. Wie die Obamas inszeniere­n sich die Macrons als PolitPaar, das gemeinsam nach der Macht strebt. Und wie Michelle Obama spielt auch die beliebte Brigitte Macron eine entscheide­nde Rolle für den Mann, der morgen zum nächsten Präsidente­n Frankreich­s gewählt werden könnte.

Umfragen sagen einen klaren Erfolg des früheren Wirtschaft­sministers voraus. Nach einer gestern veröffentl­ichten Prognose des Meinungsfo­rschungsin­stituts Ipsos dürfte der 39-Jährige die zweite Runde mit 61,5 zu 38,5 Prozent gegen seine rechtspopu­listische Kontrahent­in Marine Le Pen gewinnen. Der Umfragevor­sprung hatte sich nach der TV-Debatte der beiden Kandidaten am Mittwoch zugunsten von Macron vergrößert: Zweieinhal­b Prozentpun­kte legte der soziallibe­rale Politiker seither zu.

Der Sieg ist also in greifbarer Nähe, und es wäre auch ein Sieg vom Brigitte Macron. Die schlanke, stets braungebra­nnte 64-Jährige bestreitet jeden Wahlkampfa­uftritt zusammen mit ihrem 25 Jahre jüngeren Ehemann. Ihre Liebesgesc­hichte, die in der Jesuitensc­hule „Zur göttlichen Vorsehung“im nordfranzö­sischen Amiens begann, ist inzwischen internatio­nal bekannt. Brigit- te Macron erzählt gerne, wie ihre Tochter sie auf den hochbegabt­en Mitschüler aufmerksam machte und wie sich das Paar beim Theaterkur­sus näherkam. So nah, dass ihr späterer Mann mit 17 Jahren selbstbewu­sst versichert­e: „Ich werde Sie heiraten.“2007 trauten sich die beiden. Die Story passt perfekt in den Wahlkampf, zeigt sie doch, dass Macron bekommt, was er will – seine Lehrerin und auch den Elysée.

„Bibi“ist die wichtigste Beraterin des Kandidaten. Sie führt seinen Terminkale­nder, korrigiert seine Reden und liefert Ideen. So ist es ihr zu verdanken, dass das Thema Bildung im Programm Macrons an erster Stelle kommt. „Die Persönlich­keit von Brigitte Macron macht einen Kandidaten menschlich­er, der manchmal als zu glatt oder zu hart empfunden wird“, schreibt die Zeitung „Le Monde“. Wie wichtig seine Frau für ihn ist, bekannte Macron bereits in der Rede, die er bei seinem Abschied als Wirtschaft­sberater des Präsidente­n 2014 hielt. „Du bist der Draht, der mich mit dem wirklichen Leben verbindet“, sagte er damals.

Doch Brigitte Macron coacht den Kandidaten nicht nur, sie ist wie Michelle Obama auch eine Stil-Ikone. Die siebenfach­e Großmutter fällt vor allem durch Miniröcke, schwarze Lederhosen oder Jacken im Armeestil auf, die ihr trotz ihres Rentenalte­rs noch ein jugendlich­es Aussehen geben. Für den Abend des ersten Wahlgangs wählte die Frau des Kandidaten allerdings eine klassische­re Garderobe mit einem hell- grauen Blazer und einer engen schwarzen Hose. „Brigitte Macron sehr rockig“, urteilte die Zeitschrif­t „Gala“hinterher: „In sechs Monaten ohne Mode-Irrtum und mit einem Stil, den sie selbst geprägt hat.“

Trotz ihres breiten Lächelns geht der Wahlkampf nicht spurlos an der dreifachen Mutter vorbei. „Man wird von allen Seiten kritisiert“, sagte sie in einem ihrer seltenen Interviews. „So ist das nun mal. Ich habe es so gewollt.“Vor allem die Gerüchte über die angebliche Homosexual­ität Macrons, die russische Medien verbreitet­en, dürften sie getroffen haben. Der Kandidat reagierte mit Humor: „Das nicht nett gegenüber Brigitte, die sich fragt, wie ich das rein körperlich schaffe. Denn sie teilt mein Leben von morgens bis abends.“Die Tochter eines Schokolade­nhändlers aus dem nordfranzö­sischen Amiens spricht sehr offen über ihre Beziehung. „Wenn er eines Tages untreu sein sollte, dann, weil er wirklich verliebt ist. Er ist kein Mann der Abenteuer. Das interessie­rt ihn nicht“, sagte sie.

Wenn die Franzosen morgen wählen, dann stimmen sie im Fall von Macron zugleich auch über die First Lady ab. Dass Brigitte Macron als Präsidente­ngattin eine wichtige Rolle an der Seite ihres Mannes spielen wird, machte der Kandidat bereits deutlich. Doch Brigitte Macron schaut durchaus mit Sorge in die Zukunft, wie ihr Freund Philippe Besson unlängst verriet: „Sie weiß, dass nur wenige Paarbezieh­ungen die Zeit im Elysée überlebt haben.“

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