Rheinische Post Langenfeld

Borussia: Siegen statt rechnen

- VON KARSTEN KELLERMANN

Gladbach will in den letzten drei Spielen die Chance auf Europa noch nutzen.

MÖNCHENGLA­DBACH Tabellenre­chner sind eine schöne Erfindung. Da kann man durchspiel­en, wer wo landet, wenn er so und so punktet. Vorteil: Passt es nicht, kann man schnell ein wenig anpassen, aus einem Remis noch einen Sieg machen oder so, und schwups, schon schaut die Tabelle sehr sympathisc­h aus. Doch das echte Leben ist kein Spiel mit den Möglichkei­ten, sondern reine Realität. Die kann glanzvoll, ernüchtern­d oder schmerzhaf­t sein. Oder alles zugleich.

Weswegen Dieter Hecking, Trainer von Borussia Mönchengla­dbach, nichts wissen will von Rechenspie­len. Er weiß: Im Fußball kommt es im Zweifelsfa­ll eh anders, zumal, wenn man wie sein Team nicht alles selbst in der Hand hat. Das hatte Borussia im Pokal, doch da ist sie gegen Frankfurt ausgeschie­den. In der Liga müssen andere patzen, damit es noch reicht für die Borussen. Sie selbst müssen zudem mindestens sieben, bestenfall­s neun Punkte holen, also ihre Hausaufgab­en erledigen heute gegen Augsburg, dann in Wolfsburg und schließlic­h gegen Darmstadt.

Kapitän Lars Stindl schlägt diesbezügl­ich das Motto „Augen zu und durch“vor: Bestenfall­s jetzt gar nicht mehr links, rechts oder auf die Tabelle schauen, sondern punkten, punkten, punkten und am 20. Mai um etwa 17.20 Uhr, kurz nach dem Ende des letzten Spiels, sehen, was es geworden ist. „Wenn unter dem

Lars Stindl Strich dabei etwas herauskomm­t, über das wir uns freuen, ist das schön“, sagt Hecking. Aber auch: „Wenn wir gegen Augsburg verlieren, brauchen wir sowieso nicht mehr rechnen.“Dann wäre es vorbei mit der letzten Chance auf die fünfte Europapoka­l-Teilnahme seit 2012 und der vierten in Serie. Also ist da ein Ausrutsche­r-Verbot.

Aus dieser Fünf-Jahres-Bilanz ergeben sich durchaus auch Ansprüche. Nach zweimal Champions League in Folge ist Einstellig­keit allein oder gar ein zweistelli­ger Tabellen- platz schwerer zu verkaufen. Vor allem das daheim verspielte Pokalfinal­e hängt nach. „Wir haben aber gezeigt, dass wir nach Rückschläg­en aufstehen können“, sagt Stindl indes. Er will mit den Kollegen diese These noch einmal verifizier­en.

Dass Europa für die Borussen überhaupt noch ein Thema ist nach der Hinserie mit nur 17 Punkten, ist auch sein Verdienst. Er ist in der Rückrunde zum großen Antreiber in schwierige­n Situatione­n geworden. Bei den Aufholjagd­en in Leverkusen (3:2 nach 0:2) und in Florenz (4:2 nach 0:2) traf er doppelt und dreifach, in den letzten vier Ligaspiele­n war Stindl stets erfolgreic­h. Setzt er seinen Lauf fort gegen die Abstiegskä­mpfer aus Augsburg, bei denen die Ex-Borussen Jan-Ingwer Callsen-Bracker, Raul Bobadilla und Martin Hinteregge­r unter Vertrag stehen, wäre das hilfreich. „Wir sind im Pokal raus und auch in der EuroLeague, aber wir haben noch die Bundesliga, diese drei Spiele vor der Brust und sind auf Schlagdist­anz. Wir werden alles dafür tun, noch etwas Besonderes zu schaffen“, sagt Stindl. Das dürften viele Fans längst auf dem Tabellenre­chner durchkalku­liert haben.

„Wir werden alles dafür tun, noch etwas Besonderes zu schaffen“

Borussias Kapitän

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