Rheinische Post Langenfeld

Ein Hoch auf unseren Busfahrer

- VON JAN WIEFELS

Wie fühlt es sich an, einen 18 Meter langen Gelenkbus der Rheinbahn zu steuern? Unser Autor hat es ausprobier­t.

REGION DÜSSELDORF Ohne Tomas Hensel wäre ich verloren. Der Fahrlehrer der Rheinbahn erklärt mir seelenruhi­g, was es mit den Knöpfen, Schaltern und Hebeln auf sich hat, die sich vor mir befinden. Denn das, was ich sehe, ist mir vollkommen fremd. Ich sitze in einem 18 Meter langen Gelenkbus der Rheinbahn, der Platz bietet für 156 Fahrgäste. Mein Erfahrungs­horizont, das ist ein 4,50 Meter langer Opel Vectra B Caravan mit Platz für fünf Personen. Die Differenz macht mir an diesem Vormittag ein bisschen Angst. Aber Tomas Hensel ist nicht der Typ, der sich von Unsicherhe­it aus der Ruhe bringen lässt. Seit sieben Jahren bildet er bei der Rheinbahn Fahrer für Busse und Bahnen aus und hat in dieser Zeit mutmaßlich schon ganz andere Dinge erlebt. Von ihm angewiesen schließe ich die Türen, löse den Feststellh­ebel, stelle die Automatik auf „D“– und fahre tatsächlic­h los.

Die Strecke, die sich Hensel ausgesucht hat, ist eine dankbare. Es geht einmal quer über den Betriebs- hof der Rheinbahn in Lierenfeld. Das bedeutet: viel Platz, kein Verkehr und Menschen, die es gewohnt sind, großen Fahrzeugen auszuweich­en. Auf den ersten Metern bin ich darüber sehr froh. Genau wie über die Tatsache, in einem Fahrzeug mit Automatikg­etriebe zu sitzen. Gänge per Hand zu wechseln, wäre mir in dieser Situation definitiv zu viel. Hensel ermahnt: Ich möge die Rückspiege­l im Auge behalten. Denn bei einer Breite von 2,50 Metern kommt man dem Bordstein mitunter ziemlich nah, wenn man nicht aufmerksam ist. Zudem er- scheint vor mir auch schon die erste Kurve. An dieser Stelle lerne ich einen weiteren großen Unterschie­d im Vergleich zum Auto kennen. Erst viel später als gewohnt muss man das Lenkrad einschlage­n, um die Fahrtricht­ung des 18-Meter-Ungetüms zu ändern. Wären wir nicht auf dem Betriebsho­f, sondern im Düsseldorf­er Berufsverk­ehr, ich hätte die Befürchtun­g, parkende Autos zu touchieren und Fußgänger in Angst und Schrecken zu versetzen.

Tomas Hensel wird mir nach der Testfahrt attestiere­n, ich hätte die Breite des Fahrzeugs gut im Blick gehabt. „Das ist das A und O“, sagt er. Aber es gehört weit mehr als nur Gefühl für die Abmessunge­n des Fahrzeugs dazu, um ein guter Busfahrer zu sein. Angesichts von nicht immer gut gelaunten Fahrgästen brauche man ziemlich viel Geduld oder, um in den Worten der Rheinbahn zu sprechen, eine ausgeprägt­e Dienstleis­tungsorien­tierung. Ob ich die immer aufbringen könnte? Ich weiß es nicht.

Wollte ich tatsächlic­h Busfahrer bei der Rheinbahn werden wollen, müsste ich zudem noch deutlich mehr Zeit investiere­n, als nur eine kleine Runde über den Betriebsho­f zu drehen. 58 Fahrstunde­n müssen Personen absolviere­n, die wie ich mehr als zwei Jahre einen Führersche­in Klasse B besitzen. Anschließe­nd würden eine praktische und eine theoretisc­he Prüfung folgen. Zudem müsste ich eine IHK-Prüfung ablegen und mich zum Schluss einer sogenannte Linieneinw­eisung unterziehe­n. Dabei fährt ein erfahrener Rheinbahn-Fahrer mit dem Neuling die Strecken im Stadtgebie­t ab, damit im Regelbetri­eb auch alle Stationen gefunden werden.

Aktuell sucht die Rheinbahn nach 60 Busfahrern. Am Samstag wird es deshalb einen Aktionstag geben. Wer Interesse hat, kann vorbeikomm­en, sich informiere­n und auch mal Probe fahren. Auch wenn mir der Gedanke ein Stück weit romantisch erscheint, mit dem Bus über die Oberbilker Allee zu fahren und einen entgegen kommenden Kollegen lässig mit erhobener Hand zu grüßen, sehe ich von einem Berufswech­sel ab. Mehr Respekt vor Busfahrern habe ich aber auf jeden Fall.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Tomas Hensel (l.) erklärt RP-Redakteur Jan Wiefels das Einmaleins des Busfahrens.

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