Psychisch kranker junger Mann überfällt Schüler
Im Langenfelder Amtsgericht sahen sich Täter und Opfer gestern nach zwei Fällen von versuchter „Abzocke“wieder.
LANGENFELD/HAAN Der Schüler steigt aus der Bahn aus, geht die Treppe runter in Richtung Unterführung. Er hat Kopfhörer auf, hört Musik. Dann spürt er einen Schlag aufs Ohr und wird an die Mauer gedrängt. „Gib mir Dein Handy!“, herrscht ihn jemand an. Der Schüler hat Angst. „Wie bitte?“, fragt er freundlich. Der Fremde sagt noch mal: „Handy her!“Darauf hastet der Schüler zurück zum Bahnsteig.
Im Januar 2016 war das, in HaanGruiten. Zwei Monate später gab es einen ähnlichen Vorfall in Langen- feld. Gestern musste sich der mutmaßliche Täter (wohnhaft in Erkrath) vor dem Amtsgericht in Langenfeld verantworten. Er und sein Opfer aus Gruiten sahen sich im Verhandlungssaal wieder. Den Schüler hat der Zwischenfall sichtlich mitgenommen. Der 18-Jährige spricht leise. Den Bahnhof meide er seit jenem Januartag. Der Angeklagte (22) sitzt mit Anzug, Hemd, Krawatte da und senkt immer wieder den Kopf. „Es tut mir leid“, sagt er.
Der Schüler schaut ihn an. „Darf ich dich auch etwas fragen?“Der Angeklagte nickt. „Warum hast du das getan? Brauchtest du Geld?“Der 22-Jährige zögert. „Ja“, sagt er. Die eigentliche Antwort ist komplexer.
Schon zu Beginn des Prozesses war die Rede davon, dass der Angeklagte immer wieder manische Episoden hatte. Dem Richter liegen eine dicke Krankenakte und seitenweise Gutachten vor, die das belegen. Schon als Jugendlicher war der Angeklagte stationär in der Kinderund Jugendpsychiatrie. Eigentlich hätte er zur Tatzeit Medizin nehmen müssen. Doch die habe er zuvor abgesetzt, erklärt er. Er habe in seiner Ausbildung kurz vor einer Prüfung gestanden, die im Angst gemacht habe. Das habe er auf die Medika- mente zurückgeführt – und sie weggelassen. „Das war ein Fehler.“
In der Folge kam es auch zu dem Zwischenfall in Langenfeld. An einem Abend im März 2016 standen drei Schüler vorm Intersport an der Solinger Straße. Der Angeklagte sprach sie an. Dann fragte er, ob sie wüssten, wo er Drogen kaufen könnte. Auch um ein Mädchen soll es gegangen sein. Der Angeklagte nannte einen Namen und fragte, ob die Jungs sie kennen. Das Mädchen sei „abgezogen worden“. Als der Angeklagte dann zu den Schülern sagte: „Handys und Portemonnaies her“und sagte, er habe ein Messer, sollen die Schüler ihn zunächst nicht ernst genommen haben. Sie gingen weg in Richtung Eisdiele. Der Angeklagte, der angab, sich weder an die Tat in Gruiten noch in Langenfeld erinnern zu können, radelte hinterher. Er drohte, auch einen Schlagstock bei sich zu haben, und sagte dann, das billigste Handy würde auch reichen. Doch auch das gaben die Schüler nicht raus.
Das Urteil: sechs Monate Freiheitsstrafe zur Bewährung wegen versuchter räuberischer Erpressung für die Tat in Gruiten. Für die in Langenfeld gab es wegen Schuldunfähigkeit zur Tatzeit keine Strafe.