CDU feiert Laschet wie einen Popstar
Er galt als aussichtsloser Bewerber im Kampf um das Amt des Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen. Aber Armin Laschet nahm die Herausforderung an und hat gewonnen. Mit einem solchen Triumph hatte niemand gerechnet.
DÜSSELDORF Schon bevor gestern um 18 Uhr die erste Prognose über die Großbildschirme in der Parteizentrale an der Düsseldorfer Wasserstraße flackert, zählen die CDUFans lautstark einen Countdown. Als erstes werden die massiven Verluste der SPD im Balkendiagramm der ARD sichtbar. Noch ohne zu wissen, wie groß ihr eigener Sieg sein wird, reißen die rund 400 Christdemokraten und ihre Anhänger die Arme hoch und skandieren zum Stakkato-Applaus „Armin, Armin“. Der Wahlsieg der CDU ist so deutlich, dass schon um 18.01 Uhr jeder weiß: CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet wird der nächste Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen.
Zum Rausch des Triumphes gehört die Verklärung. Als der Umjubelte 20 Minuten später von einem Rückzugsraum in der oberen Etage in das überfüllte Erdgeschoss kommt, muss er sich wie ein Popstar den Weg durch das Dickicht seiner Anhänger bahnen. Dutzende klopfen dem kaum mehr als 1,75 Meter großen Mann auf die Schulter – einige davon etwas zu heftig. Plötzlich hat Laschet nur noch Freunde.
Das war nicht immer so. Schon gar nicht in seiner eigenen Partei. Als er nach der Wahlniederlage der NRW-CDU 2010 Fraktionschef werden wollte, ließ sie ihn erst einmal abblitzen und gab Karl-Josef Laumann den Vorzug. „Der ist authentischer“, hieß es damals über den donnernden Westfalen.
Auch als Laschet später Landeschef werden wollte, machte die CDU ihm einen Strich durch die Rechnung und entschied sich für den damaligen Bundesumweltminister und Liebling der Kanzlerin, Norbert Röttgen. Laschet, der in einer Bergmannsfamilie im beschaulichen Aachener Stadtteil Burtscheid aufwuchs, musste lange auf seine Chance warten.
Selbst als die Partei ihn im November 2016 als Spitzenkandidaten nominierte, ließen die internen Kritiker noch nicht von ihm ab. Er könne keine Massen begeistern, hieß es. Sein Wahlprogramm sei zu ungenau, und überhaupt: Warum stieg er so viel später in den Wahlkampf ein als seine SPD-Rivalin Hannelore Kraft?
All das hielt Laschet aus. Ob aus Klugheit oder aus Trotz: Er zog sich intern zurück, besprach wichtige Entscheidungen nur noch mit wenigen Vertrauten wie dem NRW-CDU- Generalsekretär Bodo Löttgen und dem Fraktionsgeschäftsführer Nathanael Liminski. Darauf reagierten viele beleidigte CDU-Fürsten mit noch mehr Kritik.
Bis gestern. Als klar war, dass Laschet die CDU mit seinem spektakulären Wahlsieg wieder in die Regierung geführt hat, erklären dieselben CDU-Fürsten seinen Last-Minute-Wahlkampf zu einer genialen Strategie. Nur wenige gaben hinter vorgehaltener Hand zu, dass sie Laschet unterschätzt hatten. „Vielleicht waren wir manchmal auch ungerecht“, sagt einer, der jetzt Chancen auf ein Ministeramt hat.
Als Laschet auf die kleine Bühne in der CDU-Parteizentrale steigt, ist ihm trotzdem keine Genugtuung anzusehen. Er ist niemand, der anderen etwas nachträgt. Laschet ist ein Gemütsmensch. Auch wenn er im Wahlkampf aus taktischen Gründen den harten Sheriff gab, sucht er im Grunde die Harmonie.
„Wir hatten zwei Wahlziele“, ruft er in den Raum, in dem es inzwischen mehr Scheinwerferlicht als Sauerstoff gibt. „Wir wollten RotGrün beenden und stärkste Partei werden.“Pause. Laschet lässt seine Worte wirken. Beim nächsten Satz betont er jede Silbe: „Bei-des ist uns ge-lun-gen.“Der Jubel steigert sich nochmals. Laschet blickt von der Bühne hinunter. Da steht sein betagter Vater, der ehemalige Bergmann, der sich vor seiner Pensionierung zum Grundschulleiter hochgearbeitet hat. Die Blicke der beiden begegnen sich. Kaum merklich nicken sie einander zu.
Laschet ist Familienmensch durch und durch. Sein Aachener Jugendfreund Heribert Walz erinnert sich: „Die Mutter war immer der Mittelpunkt.“Als sie vor wenigen Jahren starb, war halb Aachen bestürzt über den plötzlichen Tod der Frau, die sich mit Töpferkursen in der Gemeinde engagierte und ganze Nachmittage lang auch auf die Kinder der Nachbarschaft aufpasste.
Seine Frau Susanne lernte Laschet im Jugendchor kennen. Den leitete Susannes Vater, Heinz Malangré, der frühere Aachener IHKPräsident. Mit Susanne hat Laschet drei inzwischen erwachsene Kinder. Bislang hat die Buchhändlerin ihren Mann selten auf offiziellen Terminen begleitet. Das wird sich nun wohl ändern, denn in wenigen Wochen ist Susanne Laschet die First Lady von Nordrhein-Westfalen.
Martin Schulz, SPD-Chef
Christian Lindner, FDP-Chef Volker Bouffier (CDU), Ministerpräsident Hessen
Ralf Stegner, SPD-Vize Marcus Pretzell, Spitzenkandidat der AfD