KURZKRITIKEN
Fotobuch Dieser Bildband ist voller Plaudereien aus dem Nähkästchen. Arne Reimer hat die Helden der Improvisation daheim besucht und sie zum Reden gebracht. Da sieht man dann also Hubert Laws am Swimmingpool, Ornette Coleman am Fenster seiner Wohnung und Randy Brecker, der unter seinem Klavier eine Turnschuhsammlung lagert. Man begegnet Archie Shepp, Carla Bley und all den anderen. Jeder Künstler wird vorgestellt mit seinen Großtaten, jeder bekommt ein einfühlsames Porträt, und in jedem Text wird die Liebe zur Musik spürbar. Es ist ein bisschen, als lese man eine großartig geschriebene Spezialausgabe der „Gala“, die sich ausschließlich Jazzmusikern widmet. Eine der schönsten Begegnungen ist die mit dem 95 Jahre alten Jon Hendricks in Manhattan. Ein feiner Mann mit Stil und dem Schalk im Gesicht erzählt von seiner Jugend mit 16 Geschwistern in Newark. Herrlich. Philipp Holstein Klassik Sie ist für katholische Kirchenchöre eine der liebsten, schönsten, feierlichsten Hochglanzmusiken, die komponiert wurden. Gibt es ein Jubiläum oder steht die Gestaltung einer Christmette an, steht sie häufig auf dem Programm. Das Kyrie ragt majestätisch auf, bald stimmen Sopran und Tenor ein hübsches, wenn auch kurzes Duett an. Stärker zum Einsatz kommt der Chor im Gloria, die Anforderungen sind aber gut zu bewältigen; das gilt auch für das wieselige Credo, bei dem eher die Geiger im Orchester zu tun haben. Wolfgang Amadeus Mozart war kein Freund des Typs der Orchestermesse, die er in Salzburg zu liefern hatte; doch seine „Krönungsmesse“ist ein wundervoller Vorgeschmack auf andere Werke, die Mozart in diesem Genre geschaffen hat. Das „Benedictus“offeriert dem Hörer herrliche Quartett-Kostbarkeiten, und das „Agnus Dei“gibt der Solo-Sopranistin eine dankbare Arie.
Komponiert wurde sie im Jahr 1779 und dann auch zu Ostern aufgeführt; gesichert ist aber auch eine spätere Aufführung zur Krönung von Kaiser Franz II. im Jahr 1792, also nach Mozarts Tod. Aus dieser Zeit stammt wahrscheinlich die Bezeichnung „Krönungsmesse“– noch so ein Fall, dass der Komponist nicht Biografie Das ist die Beschreibung eines Lebens, bei der man überhaupt nicht viel lesen muss. Bloß ein paar Seiten. Der Rest sind Fotos. Das Eigenartige daran ist: Diese Autobiografie stammt von einem Menschen, der vom Schreiben lebt und mit seinem Schreiben prominent wurde: Henryk M. Broder. „Ich fotografiere so, wie ich schreibe: immer drauflos“, heißt es gleich warnend im Vorwort. Und so ist dann auch das Buch geworden: ein bisschen bunt und skurril, lebens- und farbenfroh, gelegentlich anarchisch und auch chaotisch – kurzum: lesens- und betrachtenswert. Die Kamera wird ihm zum Notizblock, wobei die Bilder Notizen seiner Lebensreise sind. Fotos vom Urlaub und vom Essen, von daheim und unterwegs, aus Israel und Auschwitz, und immer wieder von Menschen, die seine Wege kreuzten. Zu lesen gibt es dennoch etwas: in den Essays der Schriftsteller Elke Schmitter und Leon de Winter.
Lothar Schröder
Mozarts wundervolle „Krönungsmesse“
ahnen konnte, unter welchem Namen sein Opus später in die Musikgeschichte eingehen würde.
Kurioserweise gibt es nicht sehr viele Aufnahmen der „Krönungsmesse“, zu den schönsten Aufnahmen zählen die alte, vor Spannung vibrierende Pariser Einspielung unter Igor Markevitch – mit der unvergesslichen Maria Stader als Sopran. Auch Peter Neumanns Kölner Auf- nahme (auf historischen Instrumenten) ist weiterhin uneingeschränkt zu empfehlen.
Jetzt bewirbt sich mit Nachdruck eine neue französische Aufnahme der Erato um einen Platz als Referenzeinspielung. Sie stimmt von dem großartigen Kammerchor Accentus unter Laurence Equilbey. Sie verbindet ein lebendiges MozartBild, hat schwungvolle, aber nie gehetzte Tempi mit wundervoll kontemplativen Momenten. Die Fülle kostbarer Details ist hinreißend. Und über die Schönheit von Sandrine Piaus Sopran müssen wir nicht mehr reden. Wolfram Goertz