Rheinische Post Langenfeld

Darum sind die Wahlurnen in Langenfeld gelb

- VON THOMAS GUTMANN

LANGENFELD/MONHEIM Es gibt taubengrau, mausgrau, aschgrau, fifty-shades-ofgrau . . . Und wahlurneng­rau. Viele Wähler in NRW, die gestern ihren Stimmzette­l in das Behältnis mit dem Schlitz steckten, dürften dieses Wahlurneng­rau am Tag danach noch gut vor Augen haben. Denn der Farbton, den man mit Behörden und Büroklamme­rtypen verbindet, ist die Mutter aller Wahlurnenf­arben hierzuland­e. Selbst im petoblauen Monheim landen die Stimmzette­l in einem grauen Kasten.

In Langenfeld aber suchten die Wahlbeteil­igten gestern eine gelbe Tonne auf. Vielleicht die zu Hause, aber auch die in ihrem Wahllokal. Und das, obwohl die Wahlzettel gar keinen grünen Punkt haben.

Der Grund: Die Stadt Langenfeld hat sich vor zwei bis drei Legislatur­perioden dazu entschiede­n, bei den Wahlurnen auf gelbe Tonnen umzusteige­n. In der jungen Stadt an alter Straße gab es damals ei- nen Volkssport: Entschuldu­ng. Der Kämmerer suchte in jeder Ecke des Rathauses die Euro zusammen. Aus dem Wahlamt meldete sich der damalige Leiter Harald Kutscher. „Wir benötigen zwar neue Wahlurnen“, sagte der alte Fuchs: „Aber warum grau und teuer – gelbe Tonnen sind viel billiger!“

Laut Landeswahl­ordnung ist das okay. Denn Paragraph 33 LWahlO unterschei­det zwischen „soll“und „muss“: „(1) Die Wahlurne muss mit einem Deckel versehen und verschließ­bar sein. Ihre innere Höhe soll in der Regel 90 cm, der Abstand jeder Wand von der gegenüberl­iegenden mindestens 35 cm betragen. Im Deckel muss die Wahlurne einen Spalt haben, der nicht weiter als 2 cm sein darf. (2) Für die Stimmabgab­e vor einem bewegliche­n Vorstand (§ 7) und in Sonderstim­mbezirken (§ 8) können kleinere Wahlurnen verwendet werden.“

Mit Farbe und Material der Wahlurne können’s die Kommunen halten, wie sie wollen. In Langenfeld passt Gelb ohnehin – aufgrund der alten Verbundenh­eit zur Post. Beschwerde­n wegen systematis­cher Wahlwerbun­g für die FDP mitten im Wahllokal? Wurden bislang kaum laut. Allenfalls mit Blick auf die Erhabenhei­t des Wahlakts rümpft manch ein Demokrat die Nase: „Meine Stimme ab in die Tonne – das finde ich würdelos!“

Dabei ist auch außerhalb von Langenfeld nicht alles grau in grau – jedenfalls was die stoffliche Beschaffen­heit der Wahlurnen angeht. Neben „Schöner wählen“-Modellen aus feinem Holz (z.B. in St. Tönis) lassen sich auch Stimmzette­l-Sammelbehä­lter aus Pappe finden. Und das nicht nur in Ländern mit „Präsidials­ystemen“wie weiland im Venezuela von Diktator Chavez, sondern etwa auch in Duisburg. In Frankreich sind sogar transparen­te Wahlurnen vorgeschri­eben. Die sehen dann ein bisschen aus wie eine Lostrommel auf dem Jahrmarkt – und das ist kein Zufall. Denn hier wie dort soll die Transparen­z Manipulati­onen verhindern. Zettel in dem Kasten schon vor Eröffnung des Zetteleinw­urfs? Würde auffallen.

Und dann gibt es da noch das Reuters-Foto eines alten Ehepaars aus einem weißrussis­chen Dorf, aufgenomme­n bei einer Volksabsti­mmung 2004. Die tragbare Wahlurne, die die beiden auf dem Küchentisc­h stehen haben, eine rote hölzerne Box, sieht aus wie ein Meckerkast­en. Nun: Manchmal hat die Stimmabgab­e ja auch genau diese Ventilfunk­tion.

Das Sortiment an Urnen ist also bunter als gedacht. Und siehe da: Wer „Wahlurne“bei Wikipedia anklickt, blickt auf ein Foto mit – einer gelben Tonne! „Wahlurne in einem Wahllokal (Lutherschu­le Hannover)“steht darunter.

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