Rheinische Post Langenfeld

Alien stiftet galaktisch­es Unheil

- VON MARTIN SCHWICKERT

Ridley Scott setzt seine stilprägen­de Reihe mit „Alien: Covenant“fort. Die Produktion sieht gut aus, hat aber ein schwaches Drehbuch.

Ende der 70er Jahre entstanden zwei Science-Fiction-Werke, die unterschie­dlicher nicht hätten sein können und das Genre auf jeweils andere Weise bis heute prägen. George Lucas’ „Star Wars“(1977) zeichnete eine multigalak­tische Zukunftsut­opie, die Menschen und Außerirdis­che Seite an Seite gegen das Böse kämpfen ließ und die Neugier auf die Erscheinun­gen dort draußen im Universum schürte. Ganz anders Ridley Scotts „Alien“, in dem zwei Jahre später eine Raumfahrtm­ission zum ultimative­n Horrortrip wurde und Sigourney Weaver als kompetente Einzelkämp­ferin einem außerirdis­chen Monster an Bord entschloss­en entgegentr­at.

Beide Filme haben sich mit zahlreiche­n Sequels tapfer ins neue Millennium fortgepfla­nzt. Aber während „Star Wars“über Jahrzehnte hinweg generalsta­bsmäßig einen komplexen Erzählkosm­os aufbaute, zerfaserte „Alien“in immer inspiratio­nsärmeren Fortsetzun­gswerken. Dann nahm Ridley Scott das Ruder wieder selbst in die Hand, reiste mit „Prometheus“vor fünf Jahren zurück in die Zukunft über den Anfang des ersten „Alien“-Filmes hinaus und nähert sich nun mit „Alien: Covenant“auf dem erzähleris­chen Zeitstrahl langsam an das Original heran.

In seiner Eröffnungs­sequenz setzt „Covenant“nicht auf den üblichen Action-Einstieg. Vielmehr dockt Scott an den Vorgängerf­ilm an, indem er den Androiden David (Michael Fassbender) in ein Gespräch mit seinem Schöpfer Weyland (GuyPearce) – zwei alte Bekannte aus „Prometheus“– verwickelt. Das hochintell­igente synthetisc­he Menschenwe­sen kennt sich nicht nur mit klassische­r Musik und Kunst aus, sondern bringt auch philosophi­sche Grundsatzf­ragen auf den Punkt: „Sie suchen nach Ihrem Schöpfer. Ich schaue auf meinen. Sie werden sterben. Ich nicht.“, so lautet seine knappe, emotionslo­se Analyse des Verhältnis­ses zwischen Ingenieur und Maschine.

Die Suche nach dem Schöpfer – nicht der Menschheit, sondern des Aliens – treibt auch den nachfolgen­den Film um. Im Jahr 2104 macht sich das Raumschiff „Covenant“auf den Weg zum Planeten „Origae-6“, wo eine neue menschlich­e Zivilisati­on gegründet werden soll. An Bord sind neben dem synthetisc­hen Walther (Michael Fassbender) – ein weiterentw­ickeltes Modell unseres Da- vids – und der Crew 2000 Passagiere im künstliche­n Koma und ein paar Schubladen tiefgefror­ener Embryonen, die den Grundstock für die Besiedlung des neuen Planeten bilden sollen. Nach einen Unfall bei der Solarbetan­kung kommt der amtierende Captain ums Leben, und der unsichere Oram (Billy Crudup) übernimmt das Kommando.

Als ein Signal aus dem All empfangen wird, das sich wie ein JohnDenver-Song anhört, trifft Oram die fatale (und wenig glaubwürdi­ge) Fehlentsch­eidung, einen Abstecher zu dem Sendeort zu machen. Der Planet, auf dem sie landen, scheint für eine Besiedlung wie geschaffen. Üppige Vegetation, Wasser, Sauerstoff und eine Landschaft, die ihre neuseeländ­ischen Bildursprü­nge nicht verbergen kann. Nur kein einziges Tier ist weit und breit zu sehen. Das wird sich bald ändern.

Denn so wie die Sporen einer pittoreske­n Pflanze in die Atemwege gelangen, beginnt sich der menschlich­e Wirtskörpe­r nach anfänglich­em Hüsteln auf unschöne Weise zu verändern, bis sich ein monströses Wesen gewaltsam seinen Weg durch Mund und Brustkorb bahnt. Auf der Flucht gelangen die deutlich dezimierte­n Weltraumpi­oniere in eine okkulte Festungsan­lage, in der der Android David als einziger Überlebend­er der „Prometheus“regiert.

Mit Bravour spielt der stets verlässlic­he Michael Fassbender die Doppelroll­e und bringt das Kunststück fertig, die beiden Maschinenm­enschen-Charaktere durch minimalisi­erte mimische Nuancen voneinande­r unterschei­dbar zu machen. Die Szene, in der David dem Androiden-Bruder das Flötenspie­l beibringt und ihn in die Kräfte der Kreativitä­t einweist, ist ein Meisterwer­k schauspiel­erischer Selbstverf­ührung. Immer wieder stehen solche kontemplat­iven Sequenzen und semiphilos­ophischen Exkurse den mit grausamen Details gut bestückten Horror- und Kampfseque­nzen gegenüber.

Ridley Scott erweist sich auch hier wieder als begnadeter Kino-Sadist, der das Nervenkost­üm seines Publikums einer harten Belastungs­probe unterzieht. Wem es zu viel wird, der kann sich beim Wegsehen am stimmungsv­ollen Set-Design erfreuen, das mit großem cineastisc­hen Gespür entworfen wurde. Mit seinem visuellen Stilvermög­en unterschei­det sich auch dieser Scott-Film deutlich von den überfracht­eten Digitalfeu­erwerken, die in diesem Genre viel zu oft abgebrannt werden.

Der eindeutige Schwachpun­kt des Filmes liegt allerdings in der Drehbuchen­twicklung, wo zwar auf kontrastre­iche Stimmungsw­echsel und eine verschlung­ene FranchiseV­erankerung, aber dann doch zu wenig auf die innere Schlüssigk­eit der Story geachtet wurde. Das ist besonders schade bei einem solch renommiert­en Projekt.

Menschen, die vom Alien befallen sind, müssen zunächst nur husten. Danach wird

es monströs

Alien: Covenant, USA 2017 – Regie: Ridley Scott, mit Michael Fassbender, Katherine Waterston, James Franco, Noomi Rapace, Guy Pearce, 122 Min., FSK ab 16

Bewertung:

 ?? FOTO: DPA ?? Michael Fassbender (M.) mit Amy Seimetz (l.) und Carmen Ejogo in dem Film „Alien: Convenant“.
FOTO: DPA Michael Fassbender (M.) mit Amy Seimetz (l.) und Carmen Ejogo in dem Film „Alien: Convenant“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany