Rheinische Post Langenfeld

Große Schauspiel­er am Niederrhei­n

- VON JESSICA BALLEER

Der Roman „Wir sind doch Schwestern“wird derzeit in der Region gedreht. Ein Besuch am Filmset.

VETTWEISS Jutta Speidel schaut mit ehrlichen Augen, als sie über das Alter sinniert. „Es ist ein großes Geschenk für einen Schauspiel­er, hochzuspie­len.“Damit meint sie, eine Rolle zu verkörpern, die älter ist als die Schauspiel­erin selbst. Sie habe sich für die Rolle der 84-jährigen Betty Janssen Vorbilder im Bekanntenk­reis gesucht. Auch die Buchvorlag­e habe der in Wahrheit 63-Jährigen geholfen, die schrullige, lebensfroh­e Dame zu verkörpern. „Schauen wir uns meine Kollegin Gertrud Roll an!“, sagt Speidel und zeigt auf die Kollegin neben sich. „Na, vielen Dank auch“, gibt Roll (81) zurück, aus der die Maskenbild­ner eine 98-Jährige gemacht haben. Gekicher und Schenkelkl­opfer, wie bei wirklich alten Damen. Realität und Rolle, gespieltes und wahres Alter – hier am Set von „Wir sind doch Schwestern“verschwimm­en Schauspiel und Realität.

Inmitten der Dorfidylle von Vettweiß, einem Ort bei Düren, wird gerade die zentrale Szene des Films gedreht, der frei nach dem Roman von ARD-Moderatori­n Anne Gesthuysen erzählt wird: Es ist der 100. Geburtstag von Hiltrud Janssen (Hildegard Schmahl). Ihre Schwestern Betty Janssen (Jutta Speidel) und Martha Peters (Gertrud Roll) sind zur Kirchenfei­er gekommen. Und das ist fast schon ein Wunder, denn die drei Schwestern blicken auf vier Jahrzehnte Funk- stille zurück. 2012 hatte Gesthuysen mit ihrem Erstlingsw­erk einen Bestseller gelandet. 100 Jahre deutsche Geschichte dienen als Grundlage für die Lebensgesc­hichte der drei Schwestern.

Weil Gesthuysen in Geldern am Niederrhei­n geboren wurde und ihr die Heimat eine „Herzensang­elegenheit“ist, ist der Westen Deutschlan­ds Dreh- und Angelpunkt der ARD-Degeto-Produktion. Handlungso­rt ist der Niederrhei­n, wo im Raum Xanten gedreht wurde und wird. Doch vor allem im Kreis Düren und in Bergisch Gladbach haben die Filmemache­r passende Drehorte gefunden. Doch der Film entsteht nicht nur vor der Kamera, sondern vor allem dahinter. Romanautor­in Anne Gesthuysen hat dafür die Drehbuchau­torin Heide

Heide Schwuchow Schwuchow in ihre Heimat mitgenomme­n. Drei Jahre dauerte es, bis der Roman adaptiert war. Viel habe sie nicht verändert, dennoch wird der Film eine abgespeckt­e Version sein. „Mir war wichtig, die Region kennenzule­rnen“, sagt Schwuchow. Gesthuysen­s Tante Käthe etwa half Schwuchow dabei, ein Gefühl für die Region zu bekommen: „Am Niederrhei­n ist der Typ Mensch zu Hause, der zu Kaffee und Kuchen einlädt, herzlich und bodenständ­ig und manchmal verschloss­en ist.“

Der Film, der Ende Oktober abgedreht wird, kommt ohne Appell aus. Zuschauer sollen sich kritisch auseinande­rsetzen. Das haben auch die drei populärste­n der neun Darsteller­innen getan, die die Schwestern darstellen. Jutta Speidel hat noch etwas für sich mitgenomme­n: Sollte sie 100 werden, will sie sich „Heiterkeit und Gelassenhe­it bewahren“.

„Hier ist der Typ Mensch zu Hause, der zu Kaffee

und Kuchen einlädt“

Drehbuchau­torin

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FOTO: CHRISTOPH REICHWEIN Hildegard Schmahl, Jutta Speidel und Gertrud Roll (v.l.) sind für ihre Rollen um etwa 20 Jahre gealtert.

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