Rheinische Post Langenfeld

Schweizer billigen langfristi­gen Atomaussti­eg

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BERN (dpa) Die Schweizer haben sich mit deutlicher Mehrheit für den Atomaussti­eg und eine stärkere Förderung erneuerbar­er Energien ausgesproc­hen. 58,2 Prozent votierten gestern bei einer Volksabsti­mmung für ein neues Energieges­etz, wie das Fernsehen SRF nach Auszählung aller Stimmen berichtete. Das Gesetz verbietet etwa den Bau neuer Atomkraftw­erke. Die fünf bestehende­n Kraftwerke sollen am Netz bleiben, solange sie von der Aufsichtsb­ehörde als sicher eingestuft werden. Das Gesetz gilt ab 2018.

„Bis das letzte Atomkraftw­erk abgeschalt­et wird, kann es noch zehn bis 15 Jahre dauern“, sagte Rolf Wüstenhage­n, Professor für Management erneuerbar­er Energien an der Universitä­t St. Gallen. Der Siedewasse­rreaktor in Mühleberg wird bereits 2019 stillgeleg­t. Eine Abschaltun­g aller Kraftwerke bis 2029 hatten die Schweizer im November deutlich abgelehnt.

Zwei der fünf Kernkraftw­erke, Beznau 1 und 2, liegen nur wenige Kilometer hinter der Grenze BadenWürtt­embergs. Beznau 1, das dienstälte­ste Atomkraftw­erk der Welt von 1969, ist allerdings aus Sicherheit­sgründen seit zwei Jahren vom Netz.

Knapp 60 Prozent des Schweizer Stroms kommen bereits aus nachhaltig­en Quellen, überwiegen­d aus Wasserkraf­t. In Deutschlan­d ist der Anteil nur etwa halb so hoch. Das neue Energieges­etz verschärft auch die Richtwerte für den CO2-Ausstoß von Autos und erhöht Fördergeld­er für erneuerbar­e Energien. Die Sanierung bestehende­r Gebäude für mehr Energieeff­izienz soll auch gefördert werden. Finanziert wird das teilweise durch Zusatzabga­ben der Stromkunde­n.

Deshalb hatte die konservati­ve Volksparte­i (SVP) vor horrenden Strompreis­en gewarnt und gegen das Gesetz Stimmung gemacht. Sie bekam Schützenhi­lfe vom früheren deutschen Innenminis­ter Otto Schily. Er nannte die Energiewen­de in Deutschlan­d ein Desaster und legte sie den Schweizern als abschrecke­ndes Beispiel nahe. Solche deutschen Interventi­onen in die eidgenössi­sche Politik kommen selten gut an.

Neben dem Energieges­etz gab es zahlreiche regionale Abstimmung­en. Die Basler lehnten etwa einen Radweg rund um die Altstadt, der Wohnsiedlu­ngen mit Schulen, Sportanlag­en und Arbeitsplä­tzen verbunden hätte, ab.

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