Rheinische Post Langenfeld

Köln spielt nach 25 Jahren wieder internatio­nal

- VON PATRICK SCHERER

KÖLN Mit einem Eimer Bier auf dem Schoß sitzt Anthony Modeste im Presseraum in der ersten Reihe und lauscht seinem Trainer. Peter Stöger versucht gerade gegenüber Journalist­en in Worte zu fassen, was die erste Europapoka­lteilnahme des 1. FC Köln nach 25 Jahren bedeutet. Mit dem Schlusssat­z steht Modeste auf und duscht den Coach gemeinsam mit anderen Spielern mit reichlich Gerstensaf­t. „Diese Spieler werden kommende Saison nicht mehr Teil des Klubs sein“, sagt Stöger mit breitem Grinsen, als er sich das Bier aus den Haaren schüttelt.

Eine Stadt ist außer Rand und Band. Ganz Köln feiert das 2:0 gegen Mainz 05 am letzten Bundesliga­Spieltag, Platz fünf und damit den direkten Einzug in die Europa League. Mindestens sechs Festtage auf internatio­nalem Parkett dem „Effzeh“bevor.

2012 hatte Peter Stöger das Traineramt in der Domstadt übernommen. 2014 stieg der Klub auf, 2015 landete er auf Platz zwölf, 2016 auf Rang neun. Die Europapoka­lteilnahme ist somit eigentlich nur die konsequent­e Fortsetzun­g der Erfolgsges­chichte von Stöger und Geschäftsf­ührer Jörg Schmadtke. Beide haben einen Verein zur Ruhe gebracht, der jahrelang Skandal auf Skandal produziert­e. Viel Spott wurde in dieser Zeit über den Klub gegossen, weil ihm – nicht zu Unrecht – eine eklatante Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdwahrn­ehmung attestiert wurde. Auch Präsident Werner Spinner und der zweite Geschäftsf­ührer Alexander Wehrle trugen zur Wandlung bei.

Dem Duo Stöger/Schmadtke ist es gelungen, ein Team zusammen-

stehen zustellen, das auch als solches auftritt – auf und neben dem Platz. Stöger und Schmadtke sind sich bewusst, dass andere Klubs größere Möglichkei­ten haben. So konzentrie­ren sie sich bei der Auswahl ihrer Spieler neben sportliche­r Qualität vor allem auf Integrität. Stöger spricht gerne von „unserer Gruppierun­g“, die einfach zusammen passt. Alle Spieler bekunden unisono, dass keiner ausbüxt, sich keiner wichtiger nimmt als das große Ganze. Auch Modeste nicht. Dabei hat der Franzose mit 25 Treffern einen Löwenantei­l am Erfolg. Das weckt nun Begehrlich­keiten. Chinesisch­e Klubs sind auf der Jagd nach dem 29-Jährigen. Unsummen stehen im Raum. Sollte Modeste gehen, sagt Stöger, müsse sich aber keiner um eine Nachfolge Sorgen machen. Laut „Kicker“ist der Mainzer Jhon Cordoba ein Kandidat.

Köln hat in dieser Saison sicher nicht immer den ansehnlich­sten Fußball gespielt. Das Team hat aber viele enge Spiele für sich entschiede­n, stand folgericht­ig nie schlechter als auf Platz acht in Tabelle. Und der „Effzeh“profitiert­e von einer ausgeglich­enen Liga mit einem schwachen Verfolgerf­eld. Seit Einführung der Drei-Punkte-Regel 1995 wurden für Platz fünf im Schnitt 54,6 Punkte benötigt. Köln reichten 49.

Kurz vor der Bierdusche für Stöger überbracht­e Mainz-Trainer Martin Schmidt Glückwunsc­h und Warnung zugleich: Die Rheinhesse­n durften in der abgelaufen­en Saison in die Europa League reinschnup­pern. In der Liga kämpfte der Klub hingegen bis zum Schluss um den Klassenerh­alt. Auch die Saisonverl­äufe der finanziell besser aufgestell­ten Vereine aus Mönchengla­dbach, Schalke und Leverkusen haben gezeigt, dass der Spagat zwischen europäisch­en Feiertagen und Liga-Alltag nicht so einfach nebenbei gemeistert werden kann. Das ist nun die nächste große Hürde auf dem Erfolgsweg von Peter Stöger und Jörg Schmadtke.

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FOTO: DPA Nach der Bierdusche: Anthony Modeste (li.) und Peter Stöger.

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