SPD vertut wichtige Chance für Schulz
Bei der SPD ist man zu Recht stolz darauf, in der großen Koalition wesentliche Inhalte gegen die Union durchgesetzt zu haben. Sie war dabei so erfolgreich, dass in Berlin bereits geunkt wurde, am Ende würde nichts für das neue Wahlprogramm übrig bleiben. Das liegt nun endlich vor. Doch die Parteiführung um SPD-Chef Martin Schulz und Generalsekretärin Katarina Barley hat bei der Präsentation eine wichtige Chance vertan. Auf 71 Seiten enthält das Programm die Leitlinien sozialdemokratischer Politik für die nächsten Jahre. Dafür wurde es lieblos präsentiert.
Statt ein, zwei neue Details aus dem Hut zu zaubern, legten die Programmverantwortlichen Barley, Fraktionschef Oppermann und Ministerin Schwesig einen einstündigen Schnelldurchgang durch die Kapitel hin. Selbst der Schutz bedrohter Tier- und Pflanzenarten (so richtig der ist) fand Erwähnung. Zu den wesentlichen Wahlkampfthemen Rente und Steuern jedoch schweigen sich die Genossen weiter aus. Sie überlassen damit der Union ein wichtiges Spielfeld und bieten der Kanzlerin Gelegenheit zum ersten Aufschlag. Noch schwerer wiegt aber der Fehler, dass Martin Schulz am Montag zum eigenen Programm schwieg. So geht Offensive nicht. BERICHT
Clans Grenzen aufzeigen
Der scheidende Innenminister Jäger hat stets bestritten, dass es No-Go-Areas gibt, in die sich die Polizei nicht traut. Unbestritten aber ist, dass in bestimmten Vierteln Clans das Sagen haben, die glauben, sich über das Recht stellen zu können. Wer sich dort einmischt oder anderer Meinung ist, wird schnell als Störenfried wahrgenommen und nicht selten abgestraft. Spektakuläres Opfer war jetzt eine Frau, die in Düsseldorf nach einem Verkehrsunfall schlichten wollte. Sie liegt mit Nasenbeinbruch im Krankenhaus. Zwei mutmaßliche Täter sind ermittelt. Die Bedrohung aber bleibt, denn die Gewaltbereitschaft ist groß. Das Strafmaß schreckt kaum.
Um Polizisten, Feuerwehrleute und Sanitäter zu schützen, ist eine Verschärfung der Strafgesetze auf den Weg gebracht. Davon profitieren aber nur Helfer im öffentlichen Dienst, nicht hilfsbereite Bürger. Hier ist eine Ausweitung erforderlich: Wer Zivilcourage einfordert, muss Angriffe gegen helfende Zivilpersonen schärfer bestrafen. Damit würden den gewaltbereiten Clans neue Grenzen aufgezeigt. Diese Grenzen zu schützen, bleibt Aufgabe von Polizei und Justiz. BERICHT
Ach, Griechenland
Griechenland bekommt neue Hilfskredite, ist aber noch weit davon entfernt, wieder auf eigenen Beinen zu stehen. Wie das gelingen kann, darüber tobt seit Jahren ein Glaubenskrieg: Deutschland mit Schäuble an der Spitze ist der Meinung, dass nur wirksam umgesetzte Strukturreformen das Land fit machen. Der IWF und die Südländer dagegen meinen, das Land werde kaputtgespart.
Jeder Ökonomiestudent lernt, dass beide Seiten recht haben. Funktionierende Märkte und Institutionen sind Voraussetzungen für Wachstum. Menschen, die Mut, Geld und Vertrauen haben, aber auch. Das Dumme bei Griechenland ist nur: Es verschleppt die Reformen, die seine Eliten im Grunde ihres Herzens ablehnen, nimmt praktische Hilfe nicht an und verfügt deshalb noch immer nicht über funktionierende Strukturen etwa im Steuersystem. Ohne Härte der Geldgeber passiert in Griechenland nichts. Es empfiehlt sich daher kein anderer als der Weg mit Zuckerbrot und Peitsche. Schäuble, der neue Schuldennachlässe blockiert, hat die besseren Argumente immer noch auf seiner Seite. BERICHT