Rheinische Post Langenfeld

Clan-Kriminalit­ät: Es geht um Macht und Ehre

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Besonders im Ruhrgebiet und in Köln gibt es viele Familien-Clans, die die Polizei nicht akzeptiere­n.

DÜSSELDORF Noch immer ist das Entsetzen groß über die Brutalität, mit der nach einem Unfall mit einem fünfjährig­en Kind in Düsseldorf auf eine eigentlich unbeteilig­te Zeugin eingeschla­gen worden ist. Die 49-jährige Frau erlitt durch Schläge auf ihren Kopf eine Augenhöhle­nfraktur und mehrere Blutergüss­e im Gesicht. Bei den beiden Tatverdäch­tigen handelt es sich laut Polizei um den 54 Jahre alten Großvater und den 31 Jahre alten Vater des Unfallopfe­rs. Den Behörden zufolge sollen die beiden Männer aus Südosteuro­pa stammen.

Möglicherw­eise gehören sie einem größeren Familiencl­an an und sind Armutsflüc­htlinge. In NRW sind besonders Duisburg, Dortmund, Gelsenkirc­hen Essen und Köln von dieser Armutszuwa­nderung betroffen. Einige Roma-Familien sind miteinande­r verfeindet. In ihren Heimatländ­ern, wo sie meist in Armut leben, enden Clan-Fehden oft tödlich. In Deutschlan­d müssen sie sich arrangiere­n, obwohl sie zum Teil Wohnung an Wohnung leben. In Duisburg gibt es zum Beispiel auf einer Straße zwei sogenannte rumänische Sippen mit je einem Oberhaupt: den Clans der Barbulesch­t und der Cindera. Beide sind eigentlich verfeindet. Wegen des Elends, in dem sie leben, lassen sie ihren Zwist vorübergeh­end ruhen. In den meisten Roma-Clans herrschen schwerreic­he Chefs über bettelarme Untergeben­e. Die Bosse nutzen dabei die Not ihrer Leute aus, für die es keine Alternativ­e zur Clan-Zugehörigk­eit gibt.

Etwas anders verhält es sich bei den kriminelle­n arabischen Großfamili­en, die sich in einigen Ruhrge- bietsstädt­en sowie in Köln ausbreiten und ganze Straßenzüg­e für sich reklamiere­n. Bei ihnen geht es laut Polizei nur um Macht und Geld. Sie gehen brutal und rücksichts­los vor, um ihre Interessen durchzudrü­cken. Sie wähnen sich außerhalb von deutschen Gesetzen. Auch bei diesen Clans kommt es gelegentli­ch zu Massenschl­ägereien. Dann geht es aber um Interessen­skonflikte und die Vorherrsch­aft im kriminelle­n Milieu.

Demnach streben Familiencl­ans danach, Plätze und Straßenzüg­e zu kontrollie­ren. Sie versuchen, Anwohner und Geschäftsl­eute einzuschüc­htern. Äußerlich erkennbar ist das Phänomen an einem verstärkte­n Straßen-Drogenhand­el, die Anzeichen der kriminelle­n Strukturen dort sind oft Türsteher oder Shisha- Bars. Die Clans stammen aus dem Libanon, Bulgarien, Rumänien oder bestehen aus Sinti und Roma.

Die Struktur dieser Clans ist laut Polizei streng hierarchis­ch. Es gibt ein Oberhaupt, oftmals der älteste Sohn, der dafür sorgt, dass alle Familienan­gehörigen zusammenha­lten. Viele der heute als kriminell eingestuft­en Clanmitgli­eder kamen in den 70er Jahren als Flüchtling­e aus dem Libanon nach Deutschlan­d. Aus Sicht vieler Experten trug auch eine verfehlte Integratio­nspolitik dazu bei, dass sie sich von Anfang an vom Rechtssyst­em abwandten. Ihr großer Zusammenha­lt sorgt dafür, dass es der Polizei enorm schwer fällt, ihnen Straftaten nachzuweis­en. Auch verdeckte Ermittler könnten in diese Familien nicht eingeschle­ust werden.

Ein einheitlic­hes polizeilic­hes Lagebild über die Strukturen und Vernetzung­en der Clans gibt es in NRW bislang nicht.

Arabische Clans gehen brutal und rücksichts­los vor, um ihre Interessen

durchzudrü­cken

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