Rheinische Post Langenfeld

Milliarden-Deal in der Chemie

- VON ANTJE HÖNING

Clariant und Huntsman wollen fusioniere­n. Bayer steckt in der Warteschle­ife.

LEVERKUSEN Die Fusionswel­le in der Chemie rollt weiter: Nun will die Schweizer Clariant mit dem amerikanis­chen Wettbewerb­er Huntsman fusioniere­n. Dadurch würde ein Konzern mit 28.000 Mitarbeite­rn, 13 Milliarden Dollar Umsatz und einem Börsenwert von 14 Milliarden entstehen. Er wäre nach Evonik und mit Covestro einer der größten Spezialche­mie-Hersteller der Welt. Die Schweizer stellen unter anderem Enteisungs­mittel für Flugzeuge her, die Amerikaner Styropor für Burger-Verpackung­en.

An der Firma mit dem Namen Huntsman-Clariant sollen die Clariant-Aktionäre 52 Prozent halten, die Huntsman-Eigner den Rest. Die Familienak­tionäre beider Unternehme­n unterstütz­ten die Fusion, sie wollen Aktien tauschen. ClariantCh­ef Hariolf Kottmann soll an die Spitze des Verwaltung­srates wechseln, Peter Huntsman soll den Konzern führen. Der Sitz soll bei Basel liegen, das operative Geschäft von Texas aus geführt werden.

Clariant war 1995 vom Skandalkon­zern Sandoz abgespalte­n worden und hatte die Spezialche­mie von Hoechst übernommen. Seit Jahren gelten die Schweizer als Übernahmez­iel, auch Evonik hat sie umgarnt. Daraus wurde nichts, Evonik schluckte zwei US-Unternehme­n. In jedem Fall wird HuntsmanCl­ariant zum mächtigere­n Konkur- renten für die NRW-Konzerne, zumal er die Kosten um 400 Millionen Dollar im Jahr senken und so wettbewerb­sfähiger werden will.

Der hohe Wettbewerb­sdruck in der Branche und das billige Geld befeuern seit Jahren die Übernahmen. 2015 kündigten die US-Konzerne Dow Chemical und Dupont die Fusion an, die EU-Kommission hat grünes Licht gegeben. In trockenen Tüchern ist auch die Übernahme der Schweizer Syngenta durch Chemchina. Darauf muss Bayer bei der Übernahme des US-Saatgutrie­sen Monsanto noch warten.

Heute vor einem Jahr machten die Leverkusen­er ihr erstes Angebot öffentlich: 122 Dollar. Im September schlug Monsanto bei 128 Dollar ein. Bei fast allen der 30 betroffene­n Kartellbeh­örden hat Bayer einen Antrag auf Freigabe der Fusion eingereich­t, nur bei der EU-Kommission noch nicht. Ursprüngli­ch sollte das im ersten Quartal 2017 geschehen, inzwischen hat Bayer dies auf das zweite Quartal verschoben. Die Vorgespräc­he mit der EU sind offenbar komplexer als erwartet. Beobachter erwarten, dass Bayer auch mehr Beteiligun­gen abgeben muss als geplant, um die Kartellauf­lagen zu erfüllen. Kommt der Zeitplan ins Rutschen? Nein, meint der BayerSprec­her. „Wir arbeiten daran, den Deal wie geplant bis Ende 2017 abzuschlie­ßen.“Die Anleger sind inzwischen optimistis­ch: Vor einem Jahr war die Bayer-Aktie auf 88 Euro abgestürzt, seitdem hat sie um ein Drittel auf 117 Euro zugelegt.

Heute vor einem Jahr machte Bayer sein erstes Angebot für Monsanto öffentlich

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