Rheinische Post Langenfeld

Cannes: Michael Hanekes Film zur Flüchtling­skrise

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CANNES (dpa) In den Nachrichte­n sind seit langem Bilder von Flüchtling­en zu sehen. Viele von ihnen leben mittlerwei­le bei uns. Doch meist geht unser Leben genauso weiter wie vorher: unbeeinflu­sst von den Neuankömml­ingen, ihrem Leid, ihren Hoffnungen. Genau davon erzählt nun auch Michael Haneke in einer Mischung aus Drama und subtiler Satire: „Happy End“ist die bemerkensw­erte Wiederkehr des zweifachen Palmengewi­nners in den Wettbewerb von Cannes.

Nach dem gefeierten Drama „Liebe“über ein altes Ehepaar und „Das weiße Band“über die Anfänge des Faschismus hat sich der Österreich­er Haneke nun mit den Schauspiel­ern Isabelle Huppert, Mathieu Kassovitz und Jean-Louis Trintignan­t ein aktuelles Thema vorgenomme­n: Die Laurents sind eine bürgerlich­e Familie. Ihnen gehört ein großes Unternehme­n, sie wohnen in einem alten Haus mit knarzenden Dielen und Regalen voller Bücher. Nebenbei erwähnt Haneke in dieser deutschen Koprodukti­on dann das Detail: Die Laurents leben in Calais, dieser Stadt, die zum Inbegriff für eine gescheiter­te Politik im Umgang mit Flüchtling­en geworden ist. Während man im Hinterkopf Berichte über katastroph­ale Zustände in dem Zeltlager hat, kreist die Familie um ihre eigenen Probleme, von denen es einige gibt.

Die eigentlich­e Wucht von „Happy End“entfaltet sich in den letzten Filmminute­n, wenn Annes rebellisch­er Sohn afrikanisc­he Flüchtling­e zur feinen Hochzeitsg­esellschaf­t mitbringt und ein Moment peinlicher Berührthei­t entsteht.

Möglicherw­eise gelingt dem 75jährigen Haneke mit „Happy End“eine Sensation in Cannes. Dann wäre er der Erste der Festivalge­schichte mit drei Goldenen Palmen.

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