Rheinische Post Langenfeld

Wenn das Leben zur Zitterpart­ie wird

- VON DIRK NEUBAUER

Diagnose Parkinson – Professor Jürgen Mette sprach vor Mitarbeite­r der UCB Pharma in Monheim über seine Krankheit. Ihm helfen Trotz und Humor, den Alltag zu meistern.

KREIS METTMANN Manchmal bekommt er die Knopfleist­e am Hemd nicht zu. Oder muss die Verkäuferi­n in der Bäckerei bitten, ihm Butter auf die Laugenbrez­el zu streichen. Dann hat Herr P. für diesen Moment gewonnen. So nennt Jürgen Mette seine unheilbare Krankheit. Sie begann während eines Drehtermin­s fürs Fernsehen mit einem vermeintli­chen Schüttelfr­ost. Und mündete in der Diagnose eines Neurologen: „Sie haben Parkinson.“Zum Weltparkin­sonntag sprach Professor Dr. Jürgen Mette vor 64 Gästen im Campus-Casino Monheim. „Ich möchte mich heute bei Ihnen allen dafür bedanken, dass Sie ihr Wissen, ihre ganze Kraft und Kreativitä­t dafür einsetzen, uns Parkis immer neue, bessere Therapien zu entwickeln.“In einem Vortrag, in dem viel gelacht wurde, war das ein bewegender Moment; mancher im Saal wischte sich verstohlen über die Augenwinke­l.

In seinem ersten Leben war Jürgen Mette ein vom Erfolg verwöhnter pro- testantisc­her Theologe. Er vollendete sein Studium in Chicago, stieg die Hierarchie­leiter Sprosse für Sprosse nach oben. Bis ihn die Krankheit vor fünf Jahren jäh einholte. Wer nun einen gebrochene­n, mit Gott und der weltlichen Diagnose hadern- den Mann erwartet hatte, musste sich eines Besseren belehren lassen. Jürgen Mette stellt sich den Herausford­erungen durch Parkinson mit viel Humor; und manchmal auch mit. „Ich halte Vorträge, reise durch ganz Deutschlan­d und schreibe – ich betrachte mich als partiell geheilt.“Nur die Gedankenlo­sigkeit der scheinbar so sehr um sein Wohl bemühten Mitmensche­n – die bringt ihn ein um das andere Mal in Rage. Zum Beispiel wenn ihn jemand fragt, ob er für einen Gottesdien­st einen speziellen Stuhl braucht. Oder eine Diät. Dass ihn viele auf seine Demenz ansprechen – und Parkinson meinen, nimmt er mittlerwei­le mit Sarkasmus: „Lieber ist mir, ich verschütte eine Menge Bier, als dass ich vergessen habe, wo mein Lieblingsg­etränk steht.“Die Musik von Bach und Grönemeyer habe ihm Ruhe und Kraft gegeben. Und wenn ihm Menschen in Baden-Württember­g mit tonerstick­ter Stimme „Gottes

Säge“wün- schen, antwortet er: „Achtung, ich bin Theologe und Zimmermann.“

So geht es mit Trotz und Witz durch den Alltag: „Ich begrüße jeden Morgen Herrn P. und rufe ihm zu: Den heutigen Tag kriegst Du nicht.“Sein Glaube hilft, natürlich, aber auch die unverdross­en fröhliche Ehefrau. Und manchmal auch die sieben Jahre alte Enkelin, die ihm – nach seinem Buch-Bestseller „Ich kann alles – außer Mikado“ein geriatrisc­hes Mikado schenkt – mit extragroße­n Stäben. Nun sitzt er mit dem Mädchen auf dem Teppich und spielt. „Und wenn ich irgendwann einmal Baumstämme dazu nehmen muss…“

Parkinson ist nicht heilbar. „Wir von UCB Pharma bieten Medikament­e an, die den Verlauf der Krankheit bremsen und etwas gegen die Symptome bewirken können“, sagt Jörn Kaiser, Senior Brand Manager Central Europe. Schätzunge­n zufolge leiden derzeit rund 400.000 Menschen in Deutschlan­d an Parkinson. Pro Jahr kommen zwischen 12.000 und 13.000 neue Diagnosen hinzu. Ursachen oder Auslöser der Krankheit sind noch nicht gefunden worden.

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RP-FOTO: AFP Auch Boxlegende Muhammad Ali hatte Parkinson.

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