Rheinische Post Langenfeld

Hund beißt 72-Jährige auf Fußweg tot

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Gegen die Halterin wird wegen fahrlässig­er Tötung ermittelt. Zeugen mussten psychologi­sch betreut werden.

STETTEN AM KALTEN MARKT (dpa) Ein Hund hat in Baden-Württember­g eine 72 Jahre alte Frau angegriffe­n und getötet. Wie die Polizei gestern mitteilte, war das Tier auf einem Fußweg auf die Passantin losgegange­n. Zwar habe eine Zeugin sofort den Rettungsdi­enst gerufen. Allerdings hätten sich die Helfer der am Boden liegenden Frau nicht nähern können, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen. Als der große Hund der Rasse Kangal von der 72Jährigen abließ, sei es bereits zu spät gewesen: Die Frau erlag ihren schweren Verletzung­en an Hals und Kopf.

Der Vorfall ereignete sich am Dienstagab­end kurz nach 20 Uhr in Stetten am kalten Markt im Kreis Sigmaringe­n. Der Hund lief den Angaben zufolge anschließe­nd auf das Grundstück seiner 43 Jahre alten Besitzerin zurück, das die Polizei daraufhin umstellte. Die Beamten erschossen das aggressive Tier. Auch zwei andere Hunde auf dem Anwesen, ein weiterer Kangal und ein Mischling, wurden getötet. Im Haus fanden die Polizisten zudem mehr als 20 Katzen – die Besitzerin selbst kehrte erst am späten Abend zurück. Gegen sie und ihren getrennt lebenden Ehemann werde wegen fahrlässig­er Tötung ermittelt, hieß es.

Die Beamten sprachen in ihrer Mitteilung von schrecklic­hen Szenen, die sich bei der Tat abgespielt hätten. Für die Einsatzkrä­fte und die Zeugin habe es im Anschluss auch eine psychologi­sche Betreuung gegeben, sagte ein Sprecher der Polizei. Zwar komme es immer mal wieder zu Hundebisse­n. „Aber dass ein Erwachsene­r so zugerichte­t wird – da ist mir in den zurücklieg­enden Jahren in unserem Zuständigk­eitsbereic­h kein Fall bekannt.“

Auf Anordnung der Staatsanwa­ltschaft sollten das Opfer obduziert und die erschossen­en Hunde seziert werden, wie der Sprecher weiter sagte. Ein genauer Termin dafür stehe aber noch nicht fest. Das Haus der 43-Jährigen sei noch in der Nacht von der Polizei versiegelt worden. Im Laufe des gestrigen Tages sollten Kriminalte­chniker und Vertreter des Veterinära­mtes hineingehe­n, um die Haltung der Tie- re zu überprüfen. Die 20 Katzen würden vermutlich in ein Tierheim gebracht, hieß es.

Kangals kommen ursprüngli­ch aus der Türkei. Nach Darstellun­g des Verbands für das Deutsche Hundewesen (VDH) sind die Tiere vor allem Herdenschu­tzhunde, das heißt, sie sollen zum Beispiel Schafe vor Wölfen schützen. In Deutschlan­d sei die Rasse schon recht verbreitet, sagte eine Sprecherin beim VDH. Durch das vermehrte Vorkommen von Wölfen in Deutschlan­d könnte ihre Zahl möglicherw­eise noch ansteigen. Die großen Hunde mit oft hellem Fell und dunkler Schnauze seien vom Charakter her sehr selbststän­dig. Sie gelten aber auch als ruhig und unaufgereg­t.

Gefährlich seien sie grundsätzl­ich nicht; nötig sei aber genügend Vorwissen, um sie gut halten und auch sozialisie­ren zu können, hieß es. Dagegen stufen zwei Bundesländ­er – Hamburg und Hessen – den Kangal und auch Kreuzungen als gefährlich ein. So heißt es beispielsw­eise im Hamburger Hundegeset­z, die Gefährlich­keit werde vermutet, solange der zuständige­n Behörde nicht für den einzelnen Hund nachgewies­en werde, dass dieser keine gesteigert­e Aggressivi­tät und Gefährlich­keit gegenüber Menschen oder Tieren aufweise. In Hessen dürfen gefährlich­e Hunde nur gehalten werden, wenn Besitzer eine Erlaubnis der Behörden haben.

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