Rheinische Post Langenfeld

Das Fußball-Wunder: Monheim ist Oberligist

- VON MICHAEL DEUTZMANN

Beim Stande von 0:2 war in Rhede fast alles aus. Dann traf Philipp Hombach zum 1:2 – und Karim Afkir in der Nachspielz­eit spät zum 2:2.

MONHEIM Für den winzigen Bruchteil einer Sekunde stand plötzlich die Welt still. Unten auf dem Platz hatte gerade Karim Afkir das 2:2 erzielt. Es war der späte Ausgleich im Qualifikat­ions-Rückspiel beim VfL Rhede. Und es war ein Treffer für die Vereins-Geschichts­bücher, denn er katapultie­rte den FC Monheim (FCM) aus der Landesliga in die Fußball-Oberliga. Trainer Dennis Ruess handelte sofort und schickte die Fans, die auf den Platz laufen und eiern wollten, wieder energisch hinter die Absperrung. Schiedsric­hter Florian Heien (Lüttingen) pfiff tatsächlic­h noch einmal an. Eine halbe Minute später war Feierabend und jetzt endgültig kein Monheimer mehr zu halten. Spieler kugelten wie Kinder auf dem Rasen herum, ziemlich jeder umarmte jeden. Mancher musste sich kneifen lassen, um in die Wirklichke­it zurückzuke­hren. Die sah schließlic­h bis kurz vor Schluss ernüchtern­d aus – 0:2. Der folgende Ablauf war mit normalen Maßstäben nicht zu erklären. Philipp Hombach erzielte das 1:2 (87.), ehe Karim Afkir den FCM in der sechsten Minute der Nachspielz­eit mit dem 2:2 in den Fußball-Himmel beförderte. Nach dem 0:0 aus dem Qualifikat­ions-Hinspiel reichte das Unentschie­den wegen der auswärts erzielten Treffer zum Aufstieg.

Die Gegensätze konnten krasser kaum sein: Hier schienen die Monheimer vor Begeisteru­ng abzuheben, dort sackten die Rheder in sich zusammen. Keiner beim VfL begriff, wie den Gastgebern der Sieg noch entglitten war. Monheims Trainer Dennis Ruess bekam mit, wie es den Rhedern ging. Deshalb gratuliert­e er in einem Kreis zuerst kurz seiner eigenen Mannschaft. Wenig später war der FCM-Coach verschwund­en, um ein paar Minuten bei den Hausherren und deren Trainer Javier Garcia Dinis zu verbringen. „Das tut mir echt ein bisschen weh für ihn“, sagte Ruess, „er ist ein super Typ und ein toller Kollege. Ich weiß, wie brutal das für die sein muss.“Die Geste passte zum großen Rahmen des Spiels, das rund 1000 Zuschauer sahen. Gut 200 davon waren die rund 105 Kilometer aus Monheim mit nach Rhede gekommen.

Der FCM wirkte zunächst seltsam gehemmt. Die 60-Tore-Offensive mit den drei Stürmern Dejan Lekic (22 Landesliga-Treffer), Karim Afkir (21) und Eray Bastas (12) sowie Re- gisseur Philipp Hombach (15) produziert­e null Gefahr. Dass Monheim über die größeren spielerisc­hen Mittel verfügen könnte, ließ sich bestenfall­s erahnen. Die erste Chance für den VfL (24./Kopfball Marvin Bölting) ergab sich nach einem weit hereingesc­hlagenen Freistoß. Bezeichnen­d: Der FCM wirkte am Rückstand mit, denn er verlor im Mittelfeld unnötig den Ball – 0:1 (30./Martin Schüring). Der Versuch des Monheimer Kapitäns Patrick Becker in den Nachmittag­s-Himmel (32.) und der falsche Einwurf von Dejan Lekic (45.) belegten ebenfalls, dass der FCM sein Potenzial nicht annähernd ausschöpft­e.

Monheim wirkte in der zweiten Hälfte wacher. Der Kopfball von Becker (52.) fiel trotzdem zu harmlos aus, Afkir (55.) traf den Ball nicht richtig und der Versuch von Hombach (56.) ging hoch drüber. Noch bitterer für die Gäste: Ein weiterer Ballverlus­t leitete das 0:2 ein (63./ Schüring) und niemand hätte in dieser Phase einen Cent auf den FCM gesetzt. Die Partie wäre gelaufen gewesen, wenn der freie Martin Schüring in der 75. Minute nicht am glänzend reagierend­en Monheimer Keeper Pascal Scheler gescheiter­t wäre. Gleichzeit­ig wollte Rhede nun jede sich bietende Gelegenhei­t zur Spielverzö­gerung nutzen – was sich am Ende nicht wirklich auszahlte. Als Philipp Hombach, bester Monheimer an diesem Nachmittag, drei Minuten vor dem Ende auf 1:2 (87.) verkürzte, begann auf einmal eine ganz andere Partie. Der FCM war plötzlich voll im Endspiel-Modus.

Der Unparteiis­che hatte gerade fünf Minuten Nachspielz­eit angezeigt, als der VfL-Torhüter gegen Ayhan Atar rettete (90.). Kurz darauf (90.+1) begann Dejan Lekic zu humpeln – biss jedoch auf die Zähne und warf sich wieder ins Getümmel. In der angezeigte­n Nachspielz­eit übertrieb es Rhede erneut mit seiner Verzögerun­gs-Taktik – und Spielleite­r Heien, der hier korrekt handelte, gab etwas weitere Zeit hinzu. Da schlug die große Stunde von Karim Afkir, der bis dahin nicht seinen besten Tag hatte. Nun brachte er den Ball jedoch in der sechsten Minute der Nachspielz­eit wie ein echter Torjäger mit Wucht unter. Dann stand für den winzigen Bruchteil einer Sekunde die Welt still. Es war einer jener Treffer, die immer besonders bleiben werden. Der FC Monheim spielt in der kommenden Saison in der Fußball-Oberliga.

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RP-FOTOS (3): RALPH MATZERATH Völlig losgelöst: Monheims Mannschaft war gut ausgerüste­t – unter anderem mit Aufstiegs-T-Shirts und verschiede­nen Kaltgeträn­ken.

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