Rheinische Post Langenfeld

Frankreich wählt den Ideenwechs­el

- VON GODEHARD UHLEMANN VON GREGOR MAYNTZ DIE LINKE FORMULIERT IHR WAHLPROGRA­MM . . ., SEITE A 4 VON MARTINA STÖCKER EASYJET-FLUG: GESPRENGTE­R RUCKSACK . . ., SEITE A 3

Die erste Runde der französisc­hen Parlaments­wahl war mehr als ein Stimmungst­est. Sie war das Bekenntnis vieler Franzosen zu neuen zündenden politische­n Ideen, zu Optimismus und Aufbruch. Nachdem sie vor fünf Wochen Emmanuel Macron überzeugen­d zum Staatspräs­identen gewählt hatten, signalisie­rten sie ihm nun, dass sie bereit sind, seine junge Bewegung „Republik auf dem Vormarsch“zu stützen. Macron braucht eine starke parlamenta­rische Mehrheit, um seine Politik des Wandels erfolgvers­prechend angehen zu können. Dabei geht er ein großes Risiko ein. Macron setzt auf viele Bürger aus der Zivilgesel­lschaft, die sich nun bewähren können. Er gibt ihnen die Chance, Politik und anstehende Reformen mitzugesta­lten, anstatt im nutzlosen Nörgeln zu verbittern. Dies ist eine Kampfansag­e an die etablierte­n Parteien und alle strukturel­len Verkrustun­gen. Der zweite Wahlgang muss das Projekt noch krönen.

Macron hat die Menschen mit seiner offenen Art berührt. Er hat allen Berufsskep­tikern klar gemacht, dass neben allen innenpolit­ischen Problemen das Projekt Europa kein auslaufend­es Modell ist. Im Gegenteil. Das Thema Europa bleibt für die Jugend des Kontinents eine Schicksals­frage. BERICHT DURCHMARSC­H FÜR MACRON, TITELSEITE

SDas Ja der Linken

ie hat Ja gesagt. Linken-Spitzenkan­didatin Sahra Wagenknech­t, lange Gegnerin einer Regierungs­beteiligun­g der Linken, hat zum Abschluss des Wahlprogra­mm-Parteitage­s die Aussage getroffen: „Dann wollen wir auch regieren!“

Bis 2009 und seit 2013 war ein Mitte-links-Bündnis möglich. Angesichts der aktuellen Werte für Union, FDP und AfD sieht es nun nicht danach aus. Zählt aus linker Sicht trotzdem die Devise, „besser zu spät als nie“, zumal die Briten gezeigt haben, dass selbst ein 20-Prozent-Vorsprung noch fast einzuholen ist?

Die Partei zeigte sich willig wie selten. Eine neue Generation will nicht mehr nur die Welt durch die kommunisti­sch-antikapita­listische Protest-Brille sehen, sondern Deutschlan­d in Richtung mehr sozialer Gerechtigk­eit umgestalte­n. Die Abwicklung der Agenda-Gesetze, die massive Besteuerun­g der Reichen, die bedingungs­lose 1050-Euro-für-jeden-Beglückung ließen Koalitions­sondierung­en zu. Doch die Häme, die Wagenknech­t über SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz („Zottelbart“) ausschütte­te, lässt erkennen, dass sie es nicht wirklich ernst meint. BERICHT

Unbequemer Verdacht

Weil drei Briten wohl das falsche Buch als Reiselektü­re auswählten und eine Frau sie über Terror sprechen hörte, hat sich ein Pilot entschiede­n, eine Easyjet-Maschine außerplanm­äßig in Köln zu landen. Dann folgten die Evakuierun­g und Durchsuchu­ng der Maschine. Und die drei Männer mussten eine Nacht in Gewahrsam verbringen: Sie wurden verhört, ihre Handydaten gecheckt.

Nun stellt sich heraus: Es war nichts dran, es gab keine Bedrohung. Und deshalb wirkt das ganze Szenario, das sich an Bord und am Flughafen abgespielt hat, völlig übertriebe­n. Doch was bleibt den Sicherheit­sbehörden übrig? Wenn es Hinweise gibt, müssen sie handeln. Auch wenn sie wissen, dass sie in den meisten Fällen, die sich später als Fehlalarm herausstel­len, am Ende als die Dummen dastehen. Und sich von Besserwiss­ern ohne Verantwort­ung erklären lassen müssen, warum die Aktionen überflüssi­g waren. Wir Bürger fordern von Behörden, wachsam zu sein und einem Verdacht nachzugehe­n. Ich persönlich gewöhne mich deshalb lieber an Unbequemli­chkeiten durch Fehlalarme als an Terrortote. BERICHT

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