Rheinische Post Langenfeld

SPD-General Heil schließt rot-rot-grüne Koalition nicht aus

- VON JAN DREBES

BERLIN Eigentlich wollte Hubertus Heil in diesem Sommer Zeit mit seiner Familie verbringen. Er wollte segeln gehen und im niedersäch­sischen Wahlkreis Peine Wahlkampf für sich und die SPD machen. Jetzt ist er seit fast zwei Wochen wieder Generalsek­retär seiner Partei und gab gestern die erste montäglich­e Pressekonf­erenz im neuen, alten Amt. Für Hubertus Heil geht es jetzt auf einmal um alles.

Grund für seinen Wechsel zurück ins Willy-Brandt-Haus ist die Krebserkra­nkung des bisherigen Ministerpr­äsidenten Mecklenbur­g-Vorpommern­s, Erwin Sellering. Ihm folgte in Schwerin die bisherige Bundesfami­lienminist­erin Manuela Schwesig nach, ihr Amt übernahm wiederum Katarina Barley, die vor Heil den SPD-Wahlkampf und die Parteizent­rale leitete.

Heute ist im Willy-Brandt-Haus zu hören, Barley habe zwar einen guten Job gemacht und die als schwierig geltende Zentrale nach der glücklosen Führung durch ExGenerali­n Yasmin Fahimi wieder vom Kopf auf die Beine gestellt. Allerdings habe es nach dem abflauende­n Hype um den neuen Parteichef und Kanzlerkan­didaten Martin Schulz auch Differenze­n gegeben. Und straffe Organisati­on sowie die Abteilung Attacke hätten Barley ja nie so recht gelegen. Die sind im Wahlkampf aber entscheide­nd – besonders, wenn Wähler in Umfragen das Gefühl äußern, die Volksparte­ien nähmen sich in ihren Inhalten ohnehin nicht viel.

Abteilung Attacke, das hat Heil nie verlernt. Von 2005 bis 2009 war er schon einmal General, erlebte in der Zeit vier Parteivors­itzende, musste aber nach dem desaströse­n Wahlergebn­is von Spitzenkan­didat Frank-Walter Steinmeier gehen. Den Wahlkampf hatte damals jedoch de facto der enge Vertraute von Parteichef Franz Münteferin­g, Kajo Wasserhöve­l, geleitet. Heil war Sprachrohr bei den Pressekonf­erenzen. Zuletzt blieb ihm das Amt des stellvertr­etenden Fraktionsc­hefs für Wirtschaft­s- und Bildungspo­litik, das er trotz der Koalitions­bindungen auch für Kritik an der Union nutzte. Jetzt bekommt er überrasche­nd eine zweite Chance und darf die nicht vermasseln.

Anfangs noch etwas nervös, den Blick über einige leere Stuhlreihe­n schweifend, ging Heil gestern dann schnell zu routiniert­en Spitzen gegen CDU und CSU über. Die SPD habe den Mut, ihr Programm etwa zur Rente klar zu benennen, sagte er. Das würden die Menschen auch von der Union erwarten – die aber spalte nur die Generation­en. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) warf er vor, ihre bisherige Wahlkampft­aktik der „asymmetris­chen Demobilisi­erung“– also dem bewussten Vermeiden von Angriffsfl­äche, damit der politische Gegner seine Wähler nicht mobilisier­en kann – sei im Kern ein Zeichen „zynischer Demokratie­verachtung“. Versäumnis­se der schwarz-ro- ten Bundesregi­erung bei der Digitalisi­erung? Das alles sei nur die Schuld von CSU-Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt, der für den Breitbanda­usbau zuständig ist. Rotrot-grüne Koalition trotz der Kritik an der SPD beim Linken-Parteitag? Nicht ausgeschlo­ssen, aber: „Wir können nicht verhindern, wenn sich auf der Strecke bis zur Bundestags­wahl Parteien selbst ausschließ­en aus diesen Überlegung­en“, sagte Heil. Und was sagt er zum bayerische­n Vorstoß für eine bundesweit­e Schleierfa­hndung? Da hielt er sich dann auffallend zurück. Die Positionie­rung überlässt Heil den SPD-Innenminis­tern. So viel Beinfreihe­it hat er schließlic­h nicht.

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FOTO: DPA Hubertus Heil

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