Branchenverband: Bei Digitalisierung aufholen
Die digitale Agenda der Regierung ist nach Angaben von Bitkom zu zwei Dritteln abgearbeitet.
BERLIN Der Branchenverband Bitkom hat den diesjährigen Digitalgipfel in Ludwigshafen genutzt, um eine Bilanz der digitalen Agenda der großen Koalition zu ziehen. Von den 121 Einzelmaßnahmen seien 81 umgesetzt worden und weitere 34 in Arbeit. Verbandspräsident Thorsten Dirks sprach daher von einer „beachtlichen Bilanz“. Das hieße aber nicht, dass mit der digitalen Agenda auch die digitale Transformation abgearbeitet sei, betonte er.
Die Agenda hatten sich Union und SPD vor drei Jahren gesetzt, um die Digitalisierung in Deutschland voranzubringen. Parallel hatte es erstmals einen Bundestagsaus- schuss für Digitales gegeben, allerdings teilen sich auf Regierungsebene drei Ministerien die Zuständigkeiten für die Unternehmen (Wirtschaft), Netzausbau (Verkehr) und Datenschutz (Justizressort).
Heute warnt Dirks vor allem vor Defiziten beim gesellschaftlichen Wandel. „Drei Viertel der 14- bis 29Jährigen sehen die Digitalisierung als Chance, bei den Bundesbürgern ab 65 Jahre ist es aber nur knapp jeder Zweite“, sagte er. Ein Grund sei, dass die Älteren noch deutlich weniger an der digitalen Welt teilnähmen. „Und selbst die jüngste und digital affinste Gruppe bewertet sich selbst gerade mal mit ,befriedigend’ wenn man sie bittet, die eigene Digitalkompetenz einzuschät- zen“, sagte Dirks. Deutschland müsse aber beispielsweise jetzt die Grundlagen dafür schaffen, dass es weltweit führend bei Entwicklungen rund um künstliche Intelligenz sein werde, sagte Dirks.
In den Regierungsfraktionen ist man positiver gestimmt. UnionsNetzpolitiker Thomas Jarzombek (CDU) sagte, man habe in den vergangenen drei Jahren viele wichtige Grundlagen gelegt. „Es braucht aber zwei bis drei Jahre Zeit, bis diese Maßnahmen Wirkung entfalten.“Er sieht noch Nachholbedarf bei Bildung und Weiterbildung sowie beim Netzausbau. SPD-Experte Lars Klingbeil teilt die Einschätzung und spricht zusätzlich bei der Digitalisierung der Verwaltung von ei- nem „riesigen Rückstand“. Er plädiert dafür, die Verantwortung in der nächsten Regierung zu zentralisieren – bei einem Minister oder Staatsminister im Kanzleramt.
Ein Vorschlag, der bei den Grünen auf Wohlwollen stößt. Konstantin von Notz, zuständiger Fraktionsvize, lobt den Bundestagsausschuss. Kritik übt er jedoch im Bereich ITSicherheit. „Bei der IT-Sicherheit brennt die Hütte“, sagte er. Die Bundesregierung habe klare Regeln und mehr Anreize für die Wirtschaft setzen müssen, damit die Hackerangriffe auf die Firmen den Behörden melden. „Nur so können Sicherheitsinstrumente verbessert werden. Bislang scheuen Unternehmen davor zurück“, sagte von Notz.